Andreas Hofer in Dichtung



Andreas Hofer.

I.

Oh, Lieb' auf Tod und Leben
Für Freiheit, Vaterland
Wohnt nur bei dir, o Armut?
Beweis das Haus am Sand.

Ich seh's, zwar nur im Bilde,
In seiner Berge Ring,
Öd wie die Hütt', in welcher
Das Dasein ich empfing.

Doch schon beim ersten Anblick
Stand vor der Seele mir
Es sonnenklar: „Zum Helden
Gedeih’n konnt' er nur hier."

Des Kindes wie des Mannes
Beschränkt' Gedankenchor
Klomm stets die Felsenwände
Zur Himmelsschwell’ empor.

Dem Irdischen entkeimet,
Traun, Göttliches wohl nie,
Und alle großen Taten,
Vom Himmel stammen sie.

„Mir graut vor Blutvergießen,
Vor wechselseit'gem Mord
Von Wesen, die zu Brüdern
Erschuf des Höchsten Wort.

„Und muss, im grauen Kampfe
Auf Leben nun und Tod,
Der Schar das Beispiel geben,
Zu steuern unsrer Not!

„O nähm’ als Sühnungsopfer
Der allgemeinen Schuld
Mein Leben hin der Himmel,
Wie dankt' ich seiner Huld!

„Es soll nicht sein; euch fallen
Zu Hunderten soll ich
An meiner Seite sehen,
Und dann rafft Tod auch mich!

„Sieh, Herr, mich auf den Knien,
Das Angesicht im Staub
Der Erde, meiner Amme!
Sieh, für Gefahren taub,

„Zu dir empor uns flehen
Für Mütter, Weib und Kind,
Dass du alsdann sie schützest,
Wenn wir gefallen sind!"

II.

„Kann länger hier nicht weilen,
O Weib, ich muss hinaus;
Muss zu den Brüdern eilen,
Zu schützen Land und Haus."

Da tönt's von allen Seiten:
„Der Hofer führt uns an!"
— Bedenkt’s!.... Doch wollt ihr's Brüder,
Mit Gott! ich geh' voran.

Tut, was ihr tun mich sehet,
Folgt treulich meinem Rat!
Der Himmel tut das Seine,
Beschützt die gute Tat. —

Es stürmt gedrängt der Baier
Den engen Pass herauf;
Nicht eines Älplers Kugel
Entstiegt umsonst dem Lauf.

Und eine Baumlawine
Zermalmt der Feinde Rest;
Da ziehn durch Innsbrucks Tore
Die Sieger einst zum Fest.

Und sieh! es naht ein Bote
Aus dem entfernten Wien.
„Es danket dir der Kaiser
Für deinen treuen Sinn;

„Und sendet diese Kette,
Die er getragen, dir."
— Gebt Gott allein die Ehre,
Der uns erlöst, nicht mir! —

Und auf die Knie sinket
Auf offnem Markt der Held;
Laut betet er zum Himmel,
Und dankt dem Herrn der Welt.

Elisabeth Kulmann.
Quelle: Ignaz Vinzenz Zingerle, Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung, Innsbruck 1852, S. 263 - 265.

Andreas Hofer.

Der Sandwirth, ders so gut verstanden,
Wie man das Wild auf Alpen hetzt,
Hat sich vom Streit mit Söldnerbanden
Zu Innsbruck an den Tisch gesetzt,
Und seine kecken Schützen liegen
Des Rufs gewärtig, müd vom Siegen.

Da regt sichs drängend in den Gassen,
Vermischte Stimmen werden laut,
Der Platz kann kaum die Menge fassen,
Und Jung und Alt erwartend schaut;
Sie wollen unter Sang und Klingen
Ein Lebehoch dem Sandwirt bringen.

Doch er, des Landes Schirm und Stütze,
Tritt mit entblößtem Haupt daher:
„Lasst das, ich bin ein schlichter Schütze,
Und wenn ich selbst der Kaiser wär;
Ihr solltet einen Höhern preisen,
Dass er uns beisteht — wills euch weisen."

Drauf faltet er die rauen Hände,
Und Jeder auf den Knien steht,
Dass Gott des Sieges Engel sende;
Viel tausend Seelen ein Gebet!
Die Kämpfer ziehn — und wenig Stunden
So strömt ihr Blut aus frischen Wunden.

Und soll ich weiter noch verkünden,
Wie er der Treue Lohn empfing?
Das ist der Fluch von unsern Sünden,
Dass er, der fest am Glauben hing,
Verlassen starb den Tod der Schächer,
Und fand nur droben einen Rächer.

Doch nun der Sandwirt ausgestritten,
Seit ihm die Kugel schlug durch's Herz,
Kränkt euch der Tod, den er gelitten,
Er aber schwang sich himmelwärts,
Und jagt wohl, wo die Sterne blitzen,
Den Steinbock mit des Himmels Schützen.

Paul M. Pfitzer.
Quelle: Ignaz Vinzenz Zingerle, Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung, Innsbruck 1852, S. 266 - 267.

Andreas Hofer.

Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war,
Zu Mantua zum Tode
Führt ihn der Feinde Schar,
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland ach in Schmach und Schmerz,
Mit ihm das Land Tirol.

Die Hände auf dem Rücken
Andreas Hofer ging
Mit ruhig festen Schritten,
Ihm schien der Tod gering;
Der Tod, den er so manchesmal
Vom Iselberg geschickt in's Tal
Im heil’gen Land Tirol.

Doch als aus Kerkergittern
Im festen Mantua
Die treuen Waffenbrüder
Die Händ' er strecken sah,
Da rief er laut „Gott sei mit euch,
Mit dem verratnen deutschen Reich
Und mit dem Land Tirol!"

Dem Tambour will der Wirbel
Nicht unterm Schlägel vor,
Als nun Andreas Hofer
Schritt durch das finst're Tor.
Andreas noch in Banden frei,
Dort stand er fest auf der Bastei,
Der Mann vom Land Tirol.

Dort soll er niederknien;
Er sprach: „Das tu' ich nitt!
Will sterben, wie ich stehe,
Will sterben, wie ich stritt,
So wie ich steh auf dieser Schanz';
Es leb’ mein guter Kaiser Franz,
Mit ihm sein Land Tirol!"

Und von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal,
Andreas Hofer betet
Allhier zum letzten Mal;
Dann ruft er: „Nun, so trefft mich recht!
Gebt Feuer! ach, wie schießt ihr schlecht!
Ade, mein Land Tirol!"

A. Mosen.
Quelle: Ignaz Vinzenz Zingerle, Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung, Innsbruck 1852, S. 267 - 268.

Andreas Hofer's Tod.

Treu hingst du deinem alten Fürsten an;
Treu wolltest du dein altes Gut erfechten;
Der Freiheit ihren ew'gen Bund zu flechten,
Betrat'st du kühn die große Heldenbahn.

Und treu kam auch dein Volk zu dir heran,
Ob sie der Väter Glück erkämpfen möchten.
Ach! wer vermag's, mit Gottes Spruch zu rechten?
Der schöne Glaube war ein schönet Wahn.

Es fangen dich die Sklaven des Tyrannen;
Doch wie zum Siege blickst du himmelwärts.
Der Freiheit Weg geht durch des Todes Schmerz!

Und ruhig siehst du ihre Büchsen spannen:
Sie schlagen an; die Kugel trifft ins Herz,
Und deine freie Seele fliegt von dannen!

Theodor Körner.
Quelle: Ignaz Vinzenz Zingerle, Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung, Innsbruck 1852, S. 269.

Andreas Hofer.

Aus Mantua von dem Walle
Komm' ich geschritten her,
Wo noch von meinem Falle
Ein Fleck ist blutig sehr;

Die Augen unverschlossen.
Von der Franzosen Hand,
Ward ich allda erschossen,
Als Tirols Kommandant.

Im Jahre, da man setzte
In Insurrektion
Tirol, das Schwerter wetzte
Für Östreichs Kaiserthron,
War ich es, den erkannten
Die Häupter der Partei
Als Tirols Kommandanten,
Dass ichs für Östreich sei.

O Österreich, ich habe
Die Kommandantenschaft
Bewahret bis zum Grabe
Für dich mit treuer Kraft.
Es hat mich nicht verdrossen,
Dass als Verräter ich
Vom Feinde ward erschossen,
Weil ich es ward für dich.

O Österreich, ich habe
Die Kommandantenschaft
Bewahret auch im Grabe
Für dich mit treuer Kraft;
Musst auch mein Blut zerstieben
Auf fremden Mauern wohl,
Im Tod bin ich geblieben
Kommandant von Tirol.

Ich hab' als treuer Hüter,
Nachdem ich längst erblich,
Gehütet die Gemüther,
O Österreich für dich.
Als Geist bin ich geschritten
Stets dies mein Land hindurch,
Und habe unbestritten
Bewahrt dir deine Burg.

Nun heut, da unser Hoffen
Gekommen ist zum Ziel,
Dass Tirol frei und offen
Zurück an Östreich fiel;
Hier von mir eingegehändigt
Nimm hin das teure Pfand:
Heut ist mein Amt geendigt
Als Tirols Kommandant.

Nimm hin das Land der Treue,
Das dein von Anfang war,
Das dein jetzt ist aufs neue,
Und dein sei immerdar.
Aus meiner Hand ich tue
Den Kommandantenstab,
Ich gehe so zur Ruhe
Zufrieden in mein Grab.

Friedrich Rückert.
Quelle: Ignaz Vinzenz Zingerle, Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung, Innsbruck 1852, S. 269 - 271.

An Andreas Hofer.

Dir, edler Mann! hab’ ich ein Lied gesungen,
Ein feurig Lied in meinen Jugendtagen;
Denn schmählich hielt ich es um dich zu klagen,
Weil du im Tode dir den Kranz errungen.

Den Lorbeerkranz um deine Stirn geschlungen,
Hast du dein freies Herz zu Grab getragen;
Und noch die späte Nachwelt wird einst sagen:
Dich hat dein Feind im Tode nicht bezwungen!

Doch jetzt — o edler Mann! denk' ich der Zeiten
Und all der Männer, die mit dir gefallen —
Da tönt ein Klagelied aus meinem Munde;

Wohl gibt es blanke Waffen hier zu streiten, —
Doch wo die Männer, dass die Waffen schallen.
Uns frei zu kämpfen in der Todesstunde?

Gottlieb Putz.
Quelle: Ignaz Vinzenz Zingerle, Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung, Innsbruck 1852, S. 272.


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Speckbacher und sein Söhnlein.

„O nimm mich mit mein Vater! Ich fühle Kraft und Mut;
„Ich kann, wie Männer, trotzen und schone nicht mein Blut!"
,,„Lieb' Kind, da gilt’s im Ernste, das ist kein Knabenspiel;
„„Tod ist, womit sie zielen, und Herzen sind das Ziel!"" —

„Ich hab' ein Herz im Busen, wozu denn hätt' ich's nur,,
„Müsst' ich es feig verstecken vor jeder Kugelspur?" —
„„So du mich liebst, so bleibe, — doch wirst du einst ein Mann, „„Dann zeige, was ein Vater selbst noch im Sohne kann!""

Speckbacher ruft's, und reißt sich den Knaben von der Brust! —
Doch der löscht nicht mit Tränen die heiße Kampfeslust;
Speckbacher, wie die Gemse, stiegt über Stock und Stein,
Sein Söhnlein, wie die Gemse, verstohlen hintendrein.

Und oben aus der Kuppel der Riesengletscherwelt,
Im Kreise der Getreuen steht, leuchtend, schon der Held;
Und lauernd im Gestrippe des Hag's, nicht weit davon,
Steht, unerschrock'nen Mutes, sein gleichbeherzter Sohn.

Da kommt die Saat der Kugeln, — vergolten ist sie bald;
Und neue Saaten kommen, —- auch die sind schnell bezahlt,
Es ist, als liefe glühend, von Fels zu Fels gespannt,
Gleich einer Schlang' aus Feuer ein flackernd Kugelband.

Doch wie die Feinde feuern, da wird der kleine Schwarm
Grad über auf der Kuppel wohl bald an Kugeln arm,
Das hat der kind'sche Junge, da lauschend, langst bedacht,
Und über all' die Kugeln sich eilends hergemacht.

Kaum hört er sie nun missen, springt er geduckt heran,
Und sagt, halb scheu, dem Vater, was er indes getan;
Wie, wo nur eine Kugel des Feindes niederflog,
Er sie, noch kaum verkühlet, rasch aus dem Boden zog.

Der Vater nimmt die Kugeln, fühlt, wie sein Busen klopft;
Wehrt's kaum, dass nichts beim Laden vom Aug auf's Pulver tropft;
Will küssen und muss schießen, will zürnen, — muss verzeih'n,
Und, vor sein Kind sich stellend, in's Ohr den Seinen schrei'n:

„Habt Acht, Tiroler-Brüder, diesmal hat's Rohr sein Ziel;
„Es gibt des eignen Bleies der Feind uns schier zu viel!
„Diesmal muss sein getroffen, wenn irgend etwas muss;
„Denn Unschuld gab die Ladung und Treue gibt den Schuss!“

I. G. Seidl.
Quelle: Ignaz Vinzenz Zingerle, Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung, Innsbruck 1852, S. 150 - 151.

Andreas Hofers Todestag

Vertonte Trauer strömt herab vom Chor.
Der Abt von Wilten hält zum Angedenken
das Requiem für Hofer; in den Bänken
siehst du Tirol bis rückwärts zu dem Tor.

Der Landeshauptmann tritt der Jugend vor,
zu Sandwirts Grabmal sie die Schritte lenken,
wo sie voll Ehrfurcht ihre Stirnen senken...
und Kranz und Fahne tragen schwarzen Flor.

Zur Feier wacht auch das Spalier aus Erz.
Am Grab die Rede füllt sich bis zum Rand
mit dem, was schon der Väter Brust empfand -
und steigt im Liede himmelwärts:
Es blutete der Brüder Herz...

Franz Leitner
(Innsbruck, Hofkirche)
Quelle: Der Schlern, Zeitschrift für Heimat- und Volkskunde, 33. Jahrgang, 1959, S. 244



Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.