Die Familie Andreas Hofers; Hofers Grab


Von Dr. P. Adelgott Schatz O.SB.

Die Ahnen des bekannten Tiroler Helden Andreas Hofers sollen von Platt in Hinterpasseier stammen.*) Auf dem späteren Pamer-Hof zu Magfeld lebten um 1620 zwei Vettern, Matthäus und Kaspar Hofer, zwei wohlhabende Bauern, die es auch zu einer nach außen ansehnlicheren Stellung bringen wollten. Kaspar war der Sohn des Johann Hofer, gestorben am 3. Juni 1683, 80 Jahre alt, und der Katharina Raffl. Er war geboren am 1. Jänner 1654 und vermählte sich am 4. November 1678 in St. Martin in Passeier mit Magdalena Ennemoser. Er war damals bereits Wirt „am Sandt" und starb daselbst wie sein Vater am 1. März 1690. Kaspars Sohn Johann, geb. 22. Juni 1683, vermählte sich 1713 mit Maria Pamer und erscheint als „Sandtwirt". Er starb 1724. Josef Hofer, geb. 12. März 1723, Sohn des Johann, starb 3. März 1774; er war seit 9. September 1753 mit Maria Aignethle von Matrei ehelich verbunden. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor: Peter und Georg, starben schon frühe, dann Gertraud 19. Februar 1764, die sich 1792 mit Josef Gufler, „Samer“, später Unterwirt in St. Martin, vermählte, und Maria, 1798 mit Johann Gerstgraßer, Gärber, verheiratet. Zuletzt nennen wir Andreas Hofer, geb. 22. Nov. 1767. Über ihn lesen wir im Taufbuch von St. Leonhard: „Andreas Nicolaus Hofer fil. leg.mus honest. conjugibus Josephi Hofer, Würt auf dem Sandt, et Maria Aignethlerin, 22. Nov. 1767, Baptiz. R. D. Andrea Kraft sub patrino Johanne Pichler iuvene auf der Möhrr zu Täll.“ Andreas Hofer, „Junggesell Wirth am Sandt, 23 Jahre alt“ verheiratete sich am 21. Juli 1789 mit Anna Ladurner. Sie war eine Tochter des Peter Ladurner, Nagele — nachher Ploner-Bauer in Steinach-Algund, geb. 1732, gest. 1808, und der Maria Tschöll, Unterdorner-Tochter, geb. 1741, gest. 1801. Anna Ladurner war geboren 27. Juli 1765. Sie wurden getraut von Pfarrer Mathias Ohrwalder; Zeugen waren Mathias Ladurner und Johann Tschöll, Gärber. Über den Tod des Oberkommandanten berichtet Pfarrer Vinzenz von Ambach, ein Vertrauensmann der bayrischen Regierung, im Sterbebuch von St. Leonhard **): „Andreas Hofer gewester Anführer der Insurgenten (ist nun ausgestrichen), Wirth am St. Grab auf Sandt Nr. 434 verheuratet — zu Mantua standrechtlich (ausgestrichen) erschossen d. 9. März (!) 1810 — 44 Jahr." Dagegen steht im Verkündbuche der Pfarre St. Martin unter dem 27. April 1810 Freitag nach Ostersonntag: „Sind die Gottesdienste für den Wohlehrngeachten Andre Hofer gewesten Wirth am Sand." Das Totenmahl war beim Unterwirt Josef Gufler, der mit Gertraud, der Schwester des Andreas, verheiratet war. Andreas starb bekanntlich am 20. Februar 1810.

*) Nach den Familienbüchern in St. Leonhard und Algund sowie nach Matriken in St. Martin.
**) Schlern I, 23 S. 364 f.

Hofer Andreas hinterließ fünf Kinder:

1. Johann Stefan, geb. 26. XII. 1794, † Wien 15. V. 1855 als Tabakhauptverleger. Er war seit 12. VII. 1818 mit Klara Weikmann, geb. 2. IV. 1801 in Hl.-Kreuz, N.-Ö., † 16. IV. 1864, vermählt. Von seinen zwölf Kindern hatte nur sein Sohn Karl, zuletzt Vorstand des Reichs-Finanz-Archivs in Wien († 1887) männliche Nachkommen, die aber kinderlos starben. Der letzte männliche Träger des Namens Hofer (Andreas), Karls Sohn Leopold, Beamter der städtischen Gaswerke in Wien, starb am 26. Februar 1921 im 60. Lebensjahre im Ambulatorium daselbst im 6. Bez., Sandwirtsgasse (so benannt, weil Andreas Hofer 1809 dort wohnte). Leopold Hofer wurde am 2. März 1921, ehrenvoll zu Grabe getragen. Er nannte sich Edler von Passeier, Herr und Landmann von Tirol, und hinterließ die Witwe Valerie von Hofer. Vgl. „Burggräfler" 1921, Nr. 49 und 52.

2. Maria Kreszenz, geb. 16. II . 1797, † 22. VII. 1835, verwaltete den Sandhof und war mit Andrä Erb verheiratet. Ein Nachkomme dieser Familie, Alois Gögele, geb. 1877, ist Pflegling im Bruderhause von St. Martin in Passeier.

3. Rosina, geb. 30. VIII. 1798, † 23. IX. 1832, war seit 1830 mit Josef Holzknecht, Brühwirt in St. Leonhard, vermählt. Sie schenkte ihrem Gemahl in der kurzen Ehe drei Söhne, die aber bald ins Grab sanken: Josef 1830, Johann 1831, und Andreas 1832. Dieser Andreas starb 1894 in Meran und war mit Klara Peer, Pfauenwirtstochter in Bozen, vermählt.
[Diese Familie ist nun ausgestorben]. Anmerkung Wolfgang Morscher: diese Feststellung entspricht nicht den Tatsachen, die Nachfahren der Familie von Andreas leben heute in Kufstein (telefonische Mitteilung Hr. Holzknecht, 21. November 2008).

4. Anna Gertraud, geb. 13. III. 1803, blieb ledig und starb in den Armen der Mutter in St. Leonhard am 28. November 1836.

5. Gertraud, geb. 1805, vermählte sich 1830 mit Johann Haller von St. Leonhard, starb aber schon am 16. Februar 1834 mit Hinterlassung von Kindern, deren Nachkommen noch fortleben. Josef Haller, ein Enkel des Johann, geb. 1877, ist zur Zeit Postmeister in St. Leonhard.

6. Kreszenz Margaretha, geb. 23. Juli 1803, starb schon 4. Oktober 1808.

Andrä Hofers Witwe Anna Ladurner überlebte alle ihre Töchter und starb am 6. Dezember 1837 im 72. Lebensjahre. Sie war die letzte Zeit ihres Lebens sehr zurückgezogen, aus ihren Zügen sprach ein tief innerlicher Schmerz, der ihren Zustand oft sehr peinlich machte. Die einfache Frau änderte auch nach der Erhebung in den Adelsstand in ihrem Äußeren nicht das mindeste. Anspielungen auf ihren höheren Rang trieben ihr die Schamröte ins Gesicht. Daher genoss sie allgemeine Achtung, die sie als Wirtin am Sand auch geltend zu machen wusste, wenn es im Interesse der guten Zucht und Ordnung notwendig war.

Über das Grab Andreas Hofers und die Ausgrabung seiner Gebeine war man sich lange im unklaren. Selbst Hofrat Hirn lässt Hofer auf der Bastei an der Porta Ceresa im Süden der Stadt Mantua aus dem Leben scheiden. *) Herr Dr. Piffl in Meran **), welcher den Spuren Hofers an Ort und Stelle sorgsam nachging und die darüber handelnde Literatur fleißig benutzte, behauptet mit Sicherheit, dass Hofer an der Porta Mulina in der Zitadelle von Mantua im Norden der Stadt erschossen worden sei. Er fand (Herbst 1896) den Grabstein Hofers innerhalb des Festungsgebietes am Fuße der Dammböschung zwischen Bäumen und Hecken nicht weit von der Porta Mulina entfernt.

*) Tirols Erhebung 1809, S. 845.
**) „Meraner Zeitung" 1896, Nr. 23 vom 21. Februar. Der Artikel verdient volle Beachtung.

Der Stein war von anderthalb Meter Höhe in Form eines Halbpfeilers mit der verwitterten Inschrift: „Andreas Hofer am 20. Februar 1810“ und einem ausgemeißelten Kreuz darunter. Den Stein umgab ein ganz einfaches Eisengitter im Viereck; alles in vollständiger Verwahrlosung.

Näheren Aufschluss über Hofers Grab geben uns drei Briefe an den Pfarrer von St. Martin, P. Sebastian Heinz, aus dem Jahre 1867, dem 100jährigen Geburtsjahre Hofers, in dem am 28. Oktober der Grundstein zur Hofer-Kapelle beim Sandwirt in Passeier gelegt wurde. Der erste Brief ***) ist vom hochw. Herrn Johann Franzelin, damals Expositus zu St. Anton in Kaltern († 6. VI. 1878, 76 Jahre alt), vom 14. Oktober 1867. Er schreibt: „Es befindet sich dahier in Kaltern noch lebend jener Mann, der die Gebeine Andreas Hofers ausgegraben, mit seinen Händen erhoben und in die von einem andern Kaiserjäger gehaltene, bei zwei Schuhe lange Truhe hineingelegt hat. Er heißt Stephan Seppi, ist zu Ruffrè oder, wie man hier sagt, in Fandoi 26. September 1799 am Nonsberg geboren und nun Witwer mit sieben Kindern. Der Mann ist durchaus verlässlich. Er hat von Jugend auf immer, außer im Winter, wo er in seiner Heimat das Schusterhandwerk betreibt, in Kaltern und Umgebung als Maurer gearbeitet und sich durch die Reinheit und Aufrichtigkeit seines Charakters bei Priester und Volk Achtung erworben.

***) Wir geben die Hauptgedanken des Briefes.

Seppi erzählte mir und dem Baron Peter Giovanelli auf unsere Aufforderung hin wiederholt die Geschichte jener Ausgrabung mit allen Nebenumständen. Er trat im Spätherbst 1819 bei der 23. Kompagnie des 4. Bataillons in den Militärdienst ein und verblieb bei derselben bis zu seiner Beurlaubung (1829). Sein Major hieß Begna, aus Sacco gebürtig, Hauptmann war Herr v. Rosmini aus Neumarkt, ein verdienter, bei der Kompagnie sehr beliebter Mann, der später als Major nach Ungarn befördert wurde. Nach mehrfachen Wanderungen in Italien kam die Kompagnie anfangs Jänner 1823 nach Mantua und wurde nach zehntägigem Aufenthalt hier nach Innsbruck beordert, wo sie nach einem Marsch von ungefähr 14 Tagen eintraf. Seppi erzählte weiter: „Am Tage vor unserer Abreise von Mantua in aller Frühe, als kaum der Tag graute, sagte der Hauptmann von Rosmini zu mir und zu meinem Kameraden aus Martell, dessen Namen ich nicht mehr weiß: „Heute müssen mir unsern Kommandanten Andrä Hofer ausgraben, um ihn mit uns zu nehmen.“ Hierauf hieß er mich, der ich Flügelmann war, und den genannten deutschen Kameraden ihm folgen. Er führte uns durch die Porta Mulina auf einen großen Platz hinaus, wo viele Kanonen aufgehäuft waren. Er hieß deshalb Piazza die Canoni. Von da gingen wir etwa 100 Schritte links und kamen zu einem kleinen Garten, welcher hart an der Festungsmauer lag und von drei Seiten mit einer niedern Mauer umgeben war. Dem Eingang gegenüber an der Festungsmauer sahen wir einen weißen Stein, etwa anderthalb Schuh hoch und neun Zoll breit, worauf einige schwarze Buchstaben geschrieben waren. Der Hauptmann sagte, die Inschrift laute: ‚Andrea Hofer Commandante die Briganti del Tirolo’ *) Hier hieß uns der Hauptmann graben und die gefundenen Gebeine in eine dazu bereit gehaltene hölzerne Truhe legen. Wir gruben etwa drei Schuh tief, als wir auf die Gebeine stießen. Von einem Sarg oder von beigegebenen Gegenständen war keine Spur vorhanden. Auch lagen nur die Gebeine von einem einzigen Leichnam dort. Wir fanden den Schädel, die Rückenwirbel, die Rippen, die Schulterblätter, das Becken, die Gebeine der Arme und Füße; nur die kleinen Rippen der Finger und Zehen fehlten; sie waren offenbar durch die Verwesung zerstört. Mein Kamerad, dem es grauste, die Gebeine zu berühren, hielt die Truhe, in die ich die Gebeine hineinlegte. Hierauf trugen wir diese in Begleitung des Hauptmanns in seine Wohnung. Ich kann mich nicht erinnern, am Schädel oder an den Gebeinen Spuren einer Verletzung durch die Kugeln gesehen zu haben. Ich weiß auch nicht, auf welche Weise die Truhe mit den Gebeinen nach Innsbruck überführt wurde, obwohl die Tatsache selbst dem ganzen Bataillon bekannt war. Einige Zeit nach unserem Einmarsch in Innsbruck erfolgte das feierliche Begräbnis. Ich sah das dazu bestimmte Grab und habe mitgeholfen, die gewöhnlichen drei militärischen Salven zu geben. Dies ist, was ich über diesen Gegenstand weiß, und bin bereit, es eidlich zu bestätigen." In diesem Briefe **) wird auch erzählt, dass die erste Anregung zur Ausgrabung der Gebeine Hofers von Johann Rumplmair, Hauptmann beim ersten Bataillon, ausgegangen sei und dass dieser eigenmächtige Akt ihm und seinen Kollegen geschadet habe. Sie wurden vor ein Kriegsgericht gestellt und wegen ihrer gesetzwidrigen und willkürlichen Öffnung des Grabes getadelt, jedoch mit Rücksicht auf die mildernden Umstände nicht weiter bestraft. Es wurde ihnen aber erklärt, dass sie auf keine Beförderung mehr rechnen dürften. Deshalb ging Rumplmair in Pension und lebte nach lange auf seinem erkauften Ansitz Rechegg in der Pfarre Villanders bei Klausen, in der Öffentlichkeit vergessen und verschollen. Niemand nannte den Mann, der eigentlich die erste Anregung zur Ausgrabung der Gebeine Hofers gegeben hat. Nur die Familie Hofer drückte Rumplmair ihre Anerkennung aus und spendete ihm als Andenken ein Messerbesteck Hofers." ***)

*) Nach den meisten Quellen trug eine Tafel die Inschrift: „Qui giace la spoglia del fù Andrea Hofer, detto Generale Barbone, Commandante supremo delle milizie del Tirolo, fucilato in questa fortezza nel. 20. Febr. 1810 sepolto in questo luogo.“ „Meraner Ztg.", a. a. O.
**) Der zweite Brief Franzelins vom 28. Oktober 1867, ergänzt nur den ersten Brief.
***) So nach einem Briefe des Sigmund v. Lasser an Pfarrer Peter Schropp, der ihn in Abschrift an P. Sebastian Heinz schickte ddo. Tschars 20. November 1867. Schropp war sonst Pfarrer in Martell und starb 24. November 1874; er war ein Freund des Herrn v. Lasser und dieser der Schwiegersohn Rumpelmairs. Der ganze Hergang der Ausgrabung soll in der „Schützenzeitung" 1848 - 1850 zu lesen sein. Es sei noch bemerkt, dass die obgenannten drei Briefe inhaltlich sich nicht widersprechen.

Ein anderer Veteran des 4. Bataillons, schreibt Hochw. Herr Franzelin weiter, Anton Anderlan aus Kaltern, berichtet, dass auch Hauptmann v. Tschiderer, Bruder des bekannten Fürstbischofs, und besonders Baron Sternbach von Mühlau-Innsbruck, die Ausgrabung eifrig betrieben haben. Sternbach erhielt 1838 bei Gelegenheit der „Erbhuldigung" doch endlich den Majorstitel.



Quelle: Adelgott Schatz, Die Familie Andreas Hofers; Hofers Grab, in: Der Schlern, Südtiroler Monatsschrift für Heimatkunde und Heimatpflege, 3. Jahrgang, 3. Heft, 15. März 1922, S. 72 - 74.

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2008.