Anton von Petzer


von Rudolf Granichstaedten-Czerva

Es existiert ein eindrucksvolles, ergreifendes Bild, das 55 Greise darstellt, in einer hübschen Gruppe, teils sitzend, teils stehend, die zusammen 4695 Jahre alt sind. Das Bild wurde am 2. Dezember 1873, bei 20 Grad Kälte (!), anlässlich eines Festes des 25jährigen Regierungsjubiläums Franz Josefs I., in Innsbruck aufgenommen. Der älteste der Veteranen war 92, acht waren über 88, 43 zwischen 80 und 88 und nur drei unter 80 Jahre alt. Die unter Trommelschlag und Schwegelklang in die Innsbrucker Pfarrkirche einziehende Gruppe verkörperte die ruhmvolle Vergangenheit Tirols und wurde von der Bevölkerung mit ehrfurchtsvollem Schweigen begrüßt. Im Gasthaus „Zum roten Adler", wo Andreas Hofer den fünfjährigen Wirtssohn Johann Ortner im Jahre 1809 oft auf den Knien schaukelte, wurden die alten Veteranen bewirtet und durch eine patriotische Rede des damaligen Statthalters Grafen Eduard Taaffe gefeiert. Eine photographische Ausnahme der ganzen Gruppe zeigt die letzten überlebenden Tiroler Freiheitskämpfer der Sturmjahre 1809 — 1813. Wer ist nun als letzter dieser ehrwürdigen Krieger gestorben? Die jungen Burschen, die im Jahre 1809 etwa 12 bis 15 Jahre alt waren, wie Anderl Speckbacher, Beppo von Miller-Aichholz, Hans von Hofer-Passeier, hätten wohl ein Alter von 90 Jahre, erreichen und etwa das Jahr 1887 erleben können, aber gerade diese sind verhältnismäßig früh gestorben.

Der letztverstorbene Anno-Neun-Kämpfer war Anton Petzer Ritter von Rasenheim, der 1887 ins Grab sank Er war in Niederrasen (bei Bruneck) am 19. Februar 1794 als Sohn des Johann Georg Petzer und der Anna Petzer, geb. von Tschufi-Schmidhofen geboren.

Der Vater Johann Geory Petzer war gräflich Welspergischer Patrimonialrichter in Alt-Rasen und erwies sich 1809 als eifriger Patriot. Über Vorschlag des Intendanten von Hormayr vom 7. Mai 1809 wurde er mit Dekret vom selben Tage zum Mitglied der Schutzdeputation und Landesdeputierter bei der k. k. Vize-Intendantschaft für das Pustertal ernannt. Im Jahre 1809 schrieb er „Geschichtliche Daten über die in der Umgebung von Bruneck 1809 vorgefallenen Gefechte". Er war auch Urbars-Verwalter.

Anton, der Sohn, rückte als Fünfzehnjähriger mit der Brunecker Scharfschützenkompagnie unter dem Kommando Anton Stegers als Fähnrich, dann Unterleutnant ins Feld (1809), studierte nach Kriegsende (1810 — 1811) am Gymnasium an Bozen, 1812 bis 1814 an der Universität in Landshut, war 1817 bis 1824 Aktuar beim Landgerichte Alt-Rasen, 1824 bis 1827 Landrichter in St. Lorenzen, dann in Bruneck, Imst und schließlich Richter in Innsbruck. Als Landgerichtsadjunkt im Pustertal überreichte er dem am 25. Juni 1832 in Spinges zum Besuche weilenden Kaiser Franz I. ein Gedicht „Das Gefecht bei Spinges". Im Jahre 1848 wurde Anton Petzer neben Alois Flir, Beda Weber, Albert Jäger, Johann Schuler, Vinzenz Gasser, Andreas Gredler, Dr. Johann Kerer und anderen zum Mitglied des Frankfurter Parlaments gewählt und begab sich Mitte Mai 1848 nach Frankfurt am Main, wo er an den denkwürdigen Beratungen und Abstimmungen des ersten deutschen Parlamentes in der Paulskirche teilnahm. Die Protokolle dieser Nationalversammlung nennen öfters seinen Namen. Nach Tirol zurückgekehrt, wurde er 1854 Staatsanwalt und schließlich Oberlandesgerichtsrat beim Innsbrucker Oberlandesgericht. Durch das Vertrauen seiner Mitbürger wurde er nach seiner Penisionierung (1864) Gemeinderat der Stadt Innsbruck, dann (1867) Lantagsabgeordneter des Wahlbezirkes Bruneck und Landesausschuss. Der Kaiser Verlieh ihm am 22. April 1854 den Franz-Josefs-Orden und am 23. Juni 1875 den Orden der Eisernen Krone, womit damals der Ritterstand (8. November 1875) verbunden war. Als Prädikat wählte sich Petzer (29. Februar l876) in Anlehnung an seinen Geburtsort den Namen „Rasenheim". Als Mitglied (seit 1875) der Tiroler Landesverteidigungs-Oberbehörde hatte Petzer Gelegenheit, seine Erfahrungen im Schützenwesen im Dienste des Vaterlandes zu verwerten.

Anlässlich der 90. Wiederkehr seines Geburtstages veranstaltete die Innsbrucker Studentenverbindung „Austria", bei der Petzer seit 1879 Ehrenmitglied war, ihm zu Ehren im Innsbrucker Kasino am 19. Februar 1883 eine Festversammlung.

Anton von Petzer war seit 6. August 1844 (Bruneck) mit Therese Petter (geboren in Schwaz am 25. September 1817 als Tochter des Gubernialsekretärs Oktavian Anton Petter, gestorben 18. Jänner 1903 in Innsbruck) vermählt. Diese war eine Schwester der Sophie Petter (geb. 10. Mai 1827, gest. 18. Jänner 1903), der Braut Hermann v. Gilms, der eines seiner schönsten Gedichte der „Sophie“ widmete (1845). Petzers Sohn, der Oberfinanzrat Johann (geb. 13. Dezember 1853, gest. 3. August 1921) sowie dessen Söhne Anton (geb. 1882) und Leo (geb. 1886) wurden ebenfalls Juristen, so dass diesem Berufe nun schon vier Generationen dieser Alt-Pustertaler Familie angehören. Petzers Tochter Marie (geb. 6. März 1849, gest. 18. September 1928 in Innsbruck) war seit 9. August 1869 mit dem bekannten Innsbrucker Advokaten und Politiker Dr. Josef Wackernell Edlen von Rechtenthurn (geb. 13. Oktober 1842, gest. 1. August 1921 in Innsbruck) vermählt. Petzers Tochter, Therese von Petzer, starb als Oberin der „Englischen Fräulein" in Brixen am 11. Jänner 1902.

Am 3. Mai 1887 starb Anton von Petzer als letzter „Sandwirts-Offizier" in Innsbruck als 94jähriger Greis. Von Mannschaftspersonen, die im Jahre 1809 kämpften, sanken zuletzt ins Grab: Paul Haider (gest. 28. Jänner 1877, 93 Jahre alt), Moritz Strobel, der „Trommler von Pontlatz" (gest. 31. März 1879, 89jährig), Andreas Müller (gest. 23. Oktober 1880, 88jährig), Franz Plangger (gest. 14. November 1881, 95jährig) und der Studenten-Leutnant Dr. Franz von Wocher (gest. 28. Mai 1880, 93jährig). Viele von uns sind also noch Zeitgenossen der letzten Mitkämpfer Andreas Hofers.



Quelle: Granichstaedten-Czerva Rudolf, Andreas Hofers alte Garde, Innsbruck 1932, S. 355 - 357.

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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