Die Erinnerungen des Priesters Josef Daney


Antwort

Wie ich aus Ihrem letzten Schreiben ersehen, war Hofer unmöglich mehr zu retten. Schade, daß er, der arme betrogene Mann, der durch sein früheres Betragen das Wohlwollen von halb Europa für sich hatte, der Stimme seiner Freunde und frühern Ratgeber kein Gehör gab. Aus dem Benehmen gegen Ihren Bruder und vorzüglich gegen den Herrn Major Sieberer und den Pater Magnus erscheint er schon förmlich wahnsinnig und verrückt. Aber es war auch kein Wunder, dass der kurzsichtige Landmann in seinem verderblichen Wahne starrsinnig verharrte, wenn er so schändlich belogen und betrogen wurde. — Hat der Herr Major Sieberer, da es vermöge Ihrer Erzählung in mehreren Orten und vorzüglich bei Brixen noch spukte, doch Innsbruck glücklich erreicht? Auch Sie, nehmen Sie es mir nicht ungütig, hätten am 27. Nov. 1809 von der Schaubühne abtreten sollen. Damals hätten Sie Ihre Rolle am rühmlichsten beendet. Wissen Sie denn nicht, quod patria ingrata bestia sit und „Wer dem Gemeinwohl dient, dient niemandem oder dem Teufel". Auf der einen oder auf der andern Seite mussten Sie sich notwendig Feinde machen. — Woher kam es, dass die Innsbrucker Zeitung und nach derselben mehrere andere Sie als den Verräter des Hofer angaben? Und warum haben Sie diese schändliche Verleumdung nicht augenblicklich widerrufen lassen? Möchten Sie mir nicht im nächsten Briefe Hofers frühere Verhältnisse und Taten berichten? Man hat so verschiedenes über ihn gesprochen und geschrieben, dass ich seine eigentliche Biographie schon längst zu lesen gewünscht habe.



Quelle: Der Tiroler Volksaufstand des Jahres 1809, Erinnerungen des Priesters Josef Daney, Bearbeitet von Josef Steiner Innsbruck, Hamburg 1909

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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