222 - Errichtung eines Korrespondenzbureaus


nachgehen, die vor allem abzielten, die Gesinnungen der Dorfvorsteher zu erfahren. Mit Hilfe eines gewissen Schneeberger und des bayrischen Gerichtskopisten Thomas Spiess eröffnete er seit dem Sommer 1808 einen Nachrichtendienst zwischen Innsbruck und Zell, welcher dem österreichischen Statthalter Aichold in Salzburg wöchentliche Rapporte über die Vorgänge in Tirol, namentlich über die Auftritte im Churer Anteil, zuführte. Mit etwa 1000 G. im Jahre hoffte man diesen Dienst im Gang zu erhalten. 1)

Ein ständiges Korrespondenzbureau wurde 1806 in Klagenfurt errichtet und stand unter der Leitung des dortigen Polizeidirektors Pausinger.2) Er sammelte die bei ihm einlaufenden Berichte aus Tirol und sandte sie an das Wiener Polizeiministerium. Pausinger wurde von einem kleinen Stab von Korrespondenten bedient, welche ihm Vieles und Mannigfaltiges, aber nicht immer Richtiges lieferten.3) Wie geheim der Verkehr gehalten wurde, ersieht man daraus, dass die meisten Briefschreiber selbst in Pausingers Ministerialberichten nur mit fingierten Namen wie Lena, Ondo, Cossu, Torni, Ginod angeführt werden. Nur von einem einzigen, Tinto, lüften die Akten den Schleier des Geheimnisses, es ist freilich vielleicht auch der merkwürdigste: der königliche Gubernialrat Trentinaglia.4) Sonst kennt man nur noch von zweien die wirklichen Namen, einem gewissen Weiss, den Pausinger selbst als unverlässlich bezeichnet, und einem Herrn v. Pernwerth, dessen zugemittelte Nachrichten als die sichersten belobt werden. Einzelne scheinen sehr umtunlich im Sammeln des Kundschaftsmaterials gewesen zu sein und förmliche Spionage getrieben zu haben.5) Was Pausinger so sammelte, hat in Wien nicht immer befriedigt, man drängt ihn manchmal zu öfteren, gehaltreicheren und schnelleren Meldungen.6)  Kurz vor Ausbruch des Krieges wollte man auch noch bei

1) Trauners Berichte in J. W. Die Quelle über die kirchlichen Ereignisse in Tirol war für diese Kundschafter Pfarrer Rueff in Kolsass.
2) Stadion an den Kaiser, 13. Nov. 1806 (W. St.): „Wenn auch die Nachrichten aus der neuen Kundschaftsanstalt in Klagenfurt nicht immer zutreffend sind, so muss ich doch bemerken, dass diese Anstalt gleich bei ihrer Entstehung das Glück hatte, mit einigen Männern von Bedeutung in den angrenzenden bayrischen und italienischen Provinzen in Verbindung zu kommen, deren guter Wille viel Ersprießliches für den allerhöchsten Dienst verspricht." Türk wird hier unter den Kundschaftern genannt.
3) Pausingers Berichte enthalten daher mitunter krauses Zeug: In Tirol soll neun Jahre lang kein Priester ausgeweiht werden (30. Sept. 1807), die Hofkirche in Innsbruck wird in einen lutherischen Tempel umgewandelt (26. Okt.), der Brixener Bischof wird nach Rom deportiert (4. Nov.) u. dgl.
4) Statthalter Saurau an Sumerau, 17. März 1807: „Die Zahl unserer Korrespondenten in Tirol ist durch Herrn v. Trentinaglia vermehrt worden, welcher schon von heute an unter dem Namen Tinto erscheint." J. W.
5) Haager an Pausinger, 8. Nov. 1808.
6) Pausinger an Sumerau, 31. Dez. 1806: „Lena berichtet folgendes: Nachdem er erfahren, dass aus Kufstein viel Geschütz fortgeführt wurde, begab er sich dahin. Der Eintritt in die Festung wurde ihm versagt.  Nun kaufte er ein Fass Äpfel und lederne Beutel und bestach einen Unteroffizier mit 10 G. So verschaffte er sich den Eintritt unter dem Vorwand, dass er in der Festung seine Ware besser verkaufen könne. In der Festung sah er nur 15 Geschütze von leichtem Kaliber. Er hörte aber, dass noch mehrere dort verborgen seien. Von schweren Geschossen sah er nur ein Stück. In der Stadt und Festung sind nur zwei Kompagnien und diese nicht komplett. Man suchte diese geringe Zahl dadurch zu maskieren, dass man die um Kufstein bei den Bauern einquartierten Truppen unter dem Vorwand, nach Bayern zu ziehen, in Marsch setzte; sie gingen in die Festung und die in der Festung liegende Kompagnie ist in Wirklichkeit um Mitternacht nach Bayern abmarschiert. Proviant ist dort nur für drei Monate und höchstens für 3000 Mann. Die Schreiben von Tornu und Cossu, welche Lena mitbrachte, bestätigten diese Angaben."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 222

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.