232 - Erzherzog Johann und Hormayr


Zunächst war es dem Erzherzog darum zu tun, mit dem Land in beständigem Kontakt zu bleiben, Nachrichten aus demselben zu sammeln. Eine vorzeitige Bewegung zu schüren, war nicht sein Gedanke. Vielmehr riet er zu großer Vorsicht. Als die Staatskanzlei den Erzherzog Karl drängte, das unfreundliche Verhalten des bayrischen Hofes mit einer militärischen Demonstration, Absendung eines Bataillons nach Zillertal zu beantworten, wandte sich Johann an diesen seinen Bruder: „Hier scheint mir Tirol Rücksicht zu verdienen. Kann so eine Truppenverstärkung in Zillertal oder Pinzgau nicht zu Gerüchten von Unternehmungen Anlass geben und die ohnehin schon gärenden Gemüter dieser Nation bewegen zu Erregung von Unruhen, die jetzt gewiss nicht erwünscht und zu früh wären?" 1) Und dem zu fortgesetzter Agitation aufgelegten Steger soll der Prinz einmal einen Dämpfer aufgesetzt haben mit den Worten: „Dermalen ist der Zeitpunkt nit zum Bauern aufhetzen, ich werde dirs schon sagen, wenn du es tun sollst." 2)

Anders wurde es in der zweiten Hälfte des Jahres 1808, in den Tagen, da, unter dem Einfluss der emporkommenden Kriegspartei mit Stadion an der Spitze, der Entschluss reifte, einen neuen Waffengang mit Napoleon zu wagen. In den vorbereitenden Stadien, soweit sich dieselben auf eine Einbeziehung Tirols in die Kriegsaktion erstrecken, tritt alsbald ein Männerpaar in den Vordergrund: Erzherzog Johann und Josef Freiherr von Hormayr. Hormayr entstammte einem angesehenen Tiroler Geschlecht. Sein Großvater, vermählt mit Elisabeth Giovanelli, bekleidete unter Maria Theresia die Stelle des Hofkanzlers der tirolischen Regierung. 3) Dessen

1) E. Johann an E. Karl, 11. April 1807. A. J.
2) Aretin an den König 4. März 1809 mit Berufung auf Rothenbuchers Aussage. M. St.
3) Krones, Aus Österreichs stillen und bewegten Jahren, p. 173 ff. Ebenda p. 184 eine Charakteristik Hormayrs. Vgl. Ost. Parnass p. 22, Wertheimer, Die Revolutionierung Tirols 1813 (Deutsche Rundschau 1904). Das hier angeführte Gutachten bringt dieselben Züge wie die handschr. „Charakterzüge von Männern d. Jahres 1809" (H. M.) „Im Glück übermütig, im Unglück zaghaft wie ein Weib, ist ihm kein Mittel zu klein für seine Zwecke. Beim stärksten Hang zur Libertinage und Schwelgerei wusste er doch den Christen so gut zu spielen, dass ihn die meisten für einen solchen hielten. Wenn er gute Nachrichten erhielt, sprang er wie ein Knabe, beim Gegenteil warf er sich auf das Bett und wurde sogar krank. Wo er hätte denken sollen, verlor er den Kopf." Benitius Mayr lässt in seinem Trauerspiel „Andreas Hofer" Hormayr in einem Monologe sprechen: „Wer kann, wer muss der nächste Gouverneur Tirols sein? Wer anderer als sein Retter? Der Mann, der es an Österreich zurückgebracht, der Franzens wärmsten Wunsch erfüllt. Wie sich dann meine Freundin freuen wird, die hehre Muse der Geschichte, die mir so oft die Hand geführt." Über Hormayr s. auch Mühlbacher, Die liter. Leistungen d. Stiftes St. Florian p. 192.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 232

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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