234 - Johann von Hormayr bearbeitet


Der rührige Freiherr suchte sogleich einen persönlichen Anknüpfungspunkt mit dem ideenverwandten, leutseligen Prinzen zu gewinnen. Er entdeckte, dass sie beide an demselben Tage ihr Geburtsfest feierten, und deutete dies gewandt als „Wahrzeichen, dass er zum seel- und leibeigenen Knecht des Erzherzogs geboren sei". 1)

In Wien konnte dann dieses Freundschaftsverhältnis vertieft werden. An Stelle Chastelers übernahm es der Schweizer Historiker Johannes Müller, dem Erzherzog Hormayr zu empfehlen, und dieser unterließ es nicht, die Produkte seiner literarischen Muse dem Prinzen zu unterbreiten. Bei einer solchen Gelegenheit ermuntert er Johann, die Ordnung des Tiroler Verteidigungswesens in die Hand zu nehmen und müsste es auch sein „mit exemplarischer Strenge gegen die sogenannten Bauernkönige". 2) Jeden Anlass benützt er, um sich bei seinem hohen Gönner in Erinnerung zu bringen, er lässt ihn Müllers Briefe aus Berlin lesen, hält ihn in ständiger Kenntnis über die Fortschritte seiner Publikationsarbeiten (Almanach, Plutarch, Tiroler Geschichte und Archiv für Süddeutschland) und bietet die erzherzogliche Vermittlung auf, um zu einer Geschichte Innerösterreichs die Urkunden der aufgehobenen Klöster Ossiach, Viktring und Garsten zu erlangen. 3) Kaum beginnt am Wiener Hofe die Kriegspartei die Oberhand zu gewinnen, so lenkt Hormayr die Blicke Johanns auf Tirol. Die Übersendung des zweiten Bandes seines süddeutschen Archivs begleitet der Wunsch: „Möge sich das Herz Eurer Hoheit wieder zuwenden der alten Treue Tirols, möge es mir so gut werden, in dieser Zeit, wo nur Fresser oder Wollüstlinge des Lebens froh werden können, bei Tirols Wiedereroberung vor den Augen Eurer Hoheit zu fallen wie einer der Ritter von Sempach, und dass ich, welcher als der erste die Geschichte des Landes im Zusammenhang geschrieben habe, mir auch einen Platz in derselben verdiene." 4) Liebe zum Militär und zu militärischen Studien hat ihn nach seiner Versicherung neben den Archivforschungen von Jugend an erfüllt, und mit Stolz gedenkt er seines Dienstes als Milizoffizier, worin er namentlich für die Eintracht zwischen Soldaten und Bauern

1) (Hormayr) E. Johann. (Korrespondenz von und für Deutschland. 1848.)
2) Krones, Tirol 1812 — 1816 und Erzherzog Johann, p. 52. Hormayr schreibt über Müllers Abgang von Österreich nach Preußen dem Erzherzog: „Müllers Verlust ist bereits bekannt. Bei aller Wandelbarkeit und Unzuverlässigkeit seiner Gesinnungen bleibt er immer ein gefährliches Werkzeug in fremder und zumal in solcher Hand." Es ist das Zutreffendste, was man vom späteren Hormayr sagen konnte.
3) Hormayr an E. Johann, 27. Okt. 1807.
4) Ders. an dens., 16. Juli 1808. In seinem Bericht an die geheime Finanzkreditkommission vom 28. Dez. 1815 (M. St.) bezeichnet Hormayr den Erzherzog als denjenigen, „aus höchstdessen Munde ich über alle geheimen Verbindungen und über die ganze Einleitung der Insurrektion Anweisung und Aufschluss erhielt". „Alle geheimen Einverständnisse in Tirol während des Jahres 1808" seien seiner ausschließlichen Leitung übertragen gewesen, „als sich der Erzherzog zur Organisierung der Landwehr in Innerösterreich und Salzburg aufhielt".



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 234

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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