273 - Massregeln Aretins


Fond dazu hat, und in einem Lande, „wo jeder Nationale ein offener oder geheimer Feind der Regierung ist". 1) Vorläufig behalf er sich damit, dass er unter dem Vorwand einer Visitation der Marschstationen den Kreisrat v. Teng nach Lienz sandte, um mit dem dortigen Richter Bram wenigstens eine bis nach Klagenfurt reichende Spionage ins Leben zu rufen. Das Ergebnis war, wie Aretin vorausgesehen, ein klägliches. Nur ein paar Leute ließen sich für den Dienst gewinnen. 2) Aretin lud Lodron ein, für den Innkreis ähnliches zu organisieren. Dort scheint es nicht dazu gekommen zu sein. Wohl aber fand sich der „durch seine Anhänglichkeit an Bayern und seine bekannte Denkungsart ausgezeichnete" Pfarrer von Patsch, Simon Köfler, bei Mieg ein mit der heimlichen Anzeige, dass die Bauern seiner Gemeinde und der Nachbardörfer nächtliche Zusammenkünfte halten, an denen auch sein Messner und Kooperator teilnehmen und den Leuten allerlei vorlesen. 3)

Während Graf Welsperg aus seinem Etschkreise mit Ausnahme der Stellungsrevolte in Fleims nichts Verfängliches entdecken und berichten konnte, häuften sich dem Generalkommissär in Brixen die Anzeichen der Gärung und Aufwiegelung. Von München aus aufmerksam gemacht auf Insurrektionspläne, die in der Schweiz gesponnen würden, widmete Aretin der Graubündner Grenze ein besonders wachsames Auge. Er fürchtete, beim Ausbruch des Krieges könnte „die Opposition der bei den Churer Differenzen nach Bünden ausgewiesenen Priester, welche nur religiöse Zwecke hatte, leicht eine politische Tendenz bekommen". Im Landrichter Rungger sah der Generalkommissär eine höchst zweideutige Persönlichkeit, die schnellstens zu entfernen wäre. 4) Als man darauf in München nicht schnell genug reagierte, geriet er in große Erregung. In den schärfsten Ausdrücken erging er sich über die Behörden seines Kreises, „über die Unerlässlichkeit der meisten Beamten, ihre feige Politik und ihre Unfähigkeit, Verhältnisse

1) Aretin an den König, 20. März 1809. Unter dem Titel einer außerordentlichen Durchmarschauslage ersuchte Aretin den Finanzdirektor Widder, ihm wenigstens 500 G. anzuweisen, obgleich er die Kosten für einen entsprechenden Kundschaftsdienst auf wenigstens 2000 G. anschlug.
2) Die Akten nennen drei: einen Franz Röck, den Förster Rothenbucher und die Wirtin in Gais, Anna Pramstrallerin. Der ob. genannte Lorenz Gais trieb sich jetzt als Spion in Österreich herum.
3) Mehr konnte Köfler nicht angeben, weil er, wie er sagte, das Vertrauen der Bauern, die am Stift Wilten hängen, nicht genieße. Köfler war an Stelle eines Wiltener Chorherrn von Bayern in diese Pfarre gesetzt worden. Miegs Bericht a. a. O. Solche heimliche Versammlungen fanden auch in Wilten statt beim Klosterschmied, wo sich die Bursche mit Waffen und Munition versahen. Jos. Patsch, Beitr. z. Gesch. d. Tir. Krieges. J. M.
4) Aretin an den König, 27. Januar 1809. M. K. Rungger wurde 2. März nach Hochstädt versetzt. Er rekurrierte dagegen, aber am 5. April wurde seine Versetzung vom König bestätigt. Bis dieses Dekret ihn erreichte, war der Aufstand ausgebrochen.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 273

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.