274 - Die Anzeichen des Sturms mehren sich


gehörig zu beurteilen". Die schlimmsten Folgen sah er voraus. „Was hilft", so ruft er aus, „die Aufspürung einzelner Spione und meine ununterbrochene Wachsamkeit ohne die Mitwirkung der Beamten!" Nur zwei Landrichter, die von Lienz und Brixen, weiß er pflichteifrig, der jüngst nach Bozen versetzte Kommissär Donnersberg ist zwar tätig und verlässlich, entbehrt aber der „richtigen Kombination der Umstände". „Alle andern sind unwissend, feig und Feinde der Regierung." „Von den Entdeckungen, die gemacht wurden, ist mir keine in offizieller Weise zugekommen; die amtlichen Berichte stehen mit den weit verlässlicheren inoffiziellen Erfahrungen oft in Widerspruch, und die offiziellen Einleitungen haben fast keine Folge." Und wie die Beamten, so die Untertanen: „In einem Land, wo keiner den andern verrät, wo das außergerichtlich Eingestandene auf gerichtliches Befragen wieder abgeleugnet wird, wo in solchen Fällen selbst Priester vielleicht einen falschen Eidschwur erlauben würden und wo die weltliche Obrigkeit nur darauf bedacht ist, die Wachsamkeit der Oberbehörde zu hintergehen, da ist es auch der wachsamsten Kreisstelle nicht möglich, etwas von Bedeutung auszurichten." 1) Die Richter von Sillian, Klausen, Bozen und Bruneck wollte er sogleich durch Altbayern ersetzt wissen. Am allerwenigsten mochte er auf die Patrimonialpfleger bauen. Dass man sich bisher nicht zu einer Verkleinerung der Landgerichtssprengel entschlossen, erschien ihm in dieser Lage als doppelt unheilvoll. Beunruhigend lauteten die Meldungen von allen Seiten. An der Kärntner Grenze redeten die Bauern zu einander, Tiroler und Kärntner würden nun bald wieder „Landsleute" sein. 2) Von Meran rapportierte Hörmann über „bösartige" Stimmung des ganzen Bezirkes. Das Volk spreche von Österreichs „ungeheuren" Streitkräften, Priester bearbeiteten „die unwissende Menge", die Gärung wegen Chur sei noch keineswegs gedämpft. 3) Die Frage, ob die Regierung zu all dem schweigen oder sich wenigstens der Rädelsführer versichern soll, fand man schwer zu beantworten. Das erstere musste die Unzufriedenen noch mutiger machen, das zweite schien unmöglich, weil man zu wenig sichere Indizien bekam. Aus Brunecks Einwohnerschaft war eine ganze Reihe von Namen bekannt, deren Träger die Freude über die baldige Ankunft ihrer österreichischen Freunde nicht mehr unterdrückten: Kahl, Postmeister Schmid, Bürgermeister Salcher, Petzer, Battig, Baron Sternbach, Pfarrgeistliche und

1) Ders. an dens. 1. April 1809.
2) Richter Bram an Aretin, 23. Januar 1809. M. St. Ende März: Die Untertanen im Landgericht Lienz weigern jede Leistung. Alle Gemeindevorsteher des Bezirks wollen ihre Stelle niederlegen, weil sie von ihren Gemeindegenossen wegen des bisherigen Gehorsams gegen die Regierung mit Vorwürfen überhäuft werden. Ein Teil hat schon Wallfahrten angestellt, um für Österreich zu beten.
3) Hörmann an Aretin, 25. Febr. 1809, ebend.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 274

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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