277 - Bayern durch Napoleon gebunden


vorausbezahlt werden könne. Ein königlicher Erlass verhielt die Beamten, auch dann auf ihren Posten auszuharren, wenn das Land feindlich besetzt würde.

Alles fühlte, dass der Boden gründlich unterwühlt sei und dass man am Vorabend folgenschwerer Ereignisse stehe. Völlig ohnmächtig sahen sich die früher so selbstbewussten Behörden. Den ganzen Jammer solch elender Existenz hat Lodron in den Worten an seinen König niedergelegt: „Wir können nur mehr untersuchen, aber mehr ist nicht zu machen. Es ist traurig, wenn eine Behörde bei der Schwäche der Exekutionsmittel nur zum Beobachter herabsinkt." 1) Und zur selben Zeit notiert ein Innsbrucker Bürger in sein Tagebuch, jeder rechtliche Mann sei in banger Erwartung, da er wisse, dass der Aufstand vorbereitet sei; nur das eine wünsche er, dass der Aufstand nicht vor dem Erscheinen der Österreicher ausbreche. 2)

Man kann nach dem Erzählten schwerlich sagen, dass Bayern von der Tiroler Erhebung überrascht worden sei. Dass Ditfurth, welcher nach Herstellung der Ruhe in Fleims nach München reiste, dort durch beruhigende Versicherungen irre geführt habe, ist nicht glaublich. Seine Versetzung nach Innsbruck an die Stelle des alternden Obersten Mylius zeugt eher für das Gegenteil. Die Generalkommissäre, und namentlich Lodron, haben wiederholt nach einer Verstärkung der Besatzungsmannschaft begehrt. Schon im Februar übermittelte Montgelas der französischen Regierung ein Memoire „über die Wichtigkeit und die Stimmung von Tirol und über die schlimmen Folgen eines Abfalles". Und seit dieser Zeit hörte er nicht auf, in Paris und im Napoleonschen Hauptquartier die dringlichsten Vorstellungen zu machen. Er beantragte eine stärkere Garnison, um das Land teils gegen dessen eigene Bewohner, teils gegen Österreich zu halten. 3) Kaum ein Zweifel, dass die Anwesenheit einer Division und ihre geschickte Verteilung die Volkserhebung außerordentlich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht hätte. Man anerkannte auch die Triftigkeit der bayrischen Argumente auf französischer Seite, man trug ihnen jedoch nicht Rechnung. Bonapartes System der Kriegsführung ging darauf hinaus, mit aller Stärke auf einen Punkt zu wirken, „den Feind mit der ganzen Schwere der Waffen in seinem Herzen anzugreifen und zu erdrücken, jeden Nebenpunkt mit scheinbarer Gleichgültigkeit seinem Schicksal zu überlassen, bis die großen Erfolge des Hauptschlages ihre zermalmende Wirkung auf die übrigen Punkte von selbst erstrecken". Bayern stand unter dem Joch des Diktators. Max Josef hatte aus dessen Hand Tirol entgegengenommen, die Mittel es zu halten wurden ihm verweigert, den bayrischen Divisionen waren andere Aufgaben zugewiesen.

1) Lodron an den König, 24. März 1809.
2) Stettners Tagebuch zum 1. April.
3) Montgelas erinnert daran in einem Schreiben an Min. Hompesch, 1. Mai und an den württemb. Minister Graf Taube, 15. Mai 1809. M. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 277

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.