285 - 1. Kapitel - Die erste Befreiung


1. Kapitel.

Die erste Befreiung.

In den Nachtstunden des 7. April saßen im Posthause zu Villach Erzherzog Johann, der von Laibach herbeigekommene Chasteler, Hormayr und General Buol zu Rate. Erst da fasste man den endgültigen Entschluss, dass nicht allein General Fenner mit seiner Brigade, sondern Chasteler mit einem Teile des achten Armeekorps den Marsch nach Tirol anzutreten habe. 1) Dem Feldmarschalleutnant wurden hiezu 7 Linien- und 2 Landwehrbataillone, 3 Eskadronen und 17 Geschütze angewiesen. 2) Am folgenden Tage unterzeichnete der Erzherzog ein Besitzergreifungspatent. Dasselbe trägt alle Merkmale des sich überstürzenden Eifers seines Verfassers, des Freiherrn von Hormayr, an sich. Die höheren Beamten bayrischer Herkunft werden darin für abgesetzt erklärt und nach Brixen befohlen, um dort ihr weiteres Schicksal zu erwarten. Die Generalkommissäre werden ersetzt durch Dipauli für den Inn-, Franz v. Riccabona für den Eisack- und Baron Sigmund Moll für den Etschkreis. Die noch verbleibenden Beamten haben im Interesse der öffentlichen Ordnung den Dienst zu versehen kraft eines Eides, den sie „nach Analogie dessen, welcher französischerseits den Beamten in den okkupierten preussischen Provinzen vorgeschrieben war", ablegen. Jedermann wird eingeladen, Anzeigen zu erstatten über das Verhalten der Staatsdiener, wofür ihm Dank und „verhältnismäßige" Belohnung werden soll. Das Haupt der provisorischen Regierung ist der Generalintendant Graf Peter Goëss und, da derselbe abwesend, der Intendant Hormayr. 3) Die getreuen vier Stände

1) Hormayrs Bericht an Graf O'Donell vom 29. März 1810.
2) Brunswik, Die krieger. Ereignisse in Innerösterreich etc. p. 110.
3) Nur der Name Hormayr ist mit der Angabe aller seiner Titulaturen versehen: „Direktor des geheimen Staats-, Hof- und Hausarchivs, Legationsrat des Departements der auswärtigen Geschäfte und des österreichischen kaiserlichen Leopoldordens Ritter".



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 285

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.