290 - Verzögerung des Weitermarsches


Chefs zog hierauf Hormayr die Anwesenden ins Gespräch. Von einem der Mautbeamten aber hatte ihm die Deputation in Wien ungünstige Dinge erzählt, und so war derselbe zum ersten Objekt der von Hormayr ausgedachten Beamtenmaßregelungen ausersehen. Ohne jegliches Verhör ließ ihn der Intendant nach Kärnten abführen. Es sollte das Merkmal der Willkür dadurch verdeckt werden, dass die Deportation nur als „militärische Sicherheitsmaßregel, nicht als Strafe" ausgegeben wurde. 1) Ein Übelstand, welcher sich der Intendantschaft dauernd an die Fersen heftete, trat auch schon jetzt zutage, unangenehmer Geldmangel. Chasteler betrat das Land mit ebbender Kasse. 2) Bei den Wiener Besprechungen war angenommen worden, dass den Kaiserlichen die Vorräte der bayrischen Renteien zur Beute fallen würden, und in dieser Voraussicht scheint man im erzherzoglichen Hauptquartier gemeint zu haben, man könne auf eine finanzielle Ausstattung der tirolischen Expedition verzichten. Die Bayern jedoch haben, wie bekannt, ihre Barvorräte gutenteils bei Zeiten salviert. Hormayr sah sich daher schon an der ersten Haltstation gezwungen, das Anleihegeschäft zu beginnen. Das vermögliche Haus Oberhuber musste mit einigen tausend Gulden aushelfen. 3)

Auch eine Toilettefrage gab es in Lienz für den Intendanten zu regeln: Hormayr war in seiner vierspännigen Staatskarosse angefahren gekommen, bekleidet mit „der kompetenten Uniform eines k. k. Hofkriegsrates". Die Ähnlichkeit dieses Kleides mit „dem äußerst verhassten Kostüm der bayerischen Hofkommission und Finanzdirektoren" ließ ihn „die unangenehmsten Kompromittierungen, ja selbst die Gefahr persönlicher Misshandlung" befürchten und bewog ihn, sich so lang in das Zivil zu stecken, bis ihm die Montur eines Stabsoffiziers der Jägertruppe geliefert werden konnte. 4)

Am folgenden Tag rückte bei gleich bösem Wetter das Korps bis Sillian, wo Kolb seine gefangene Bayernpatrouille ablieferte. Von allen Seiten strömte Volk herbei und zeigte sich bereit mitzutun. Chasteler wusste nicht, was mit den ungeordneten Haufen anfangen, und forderte die Leute auf, lieber ein paar zusammenhängende Schützenkompagnien zu formieren, die dann auch Löhnung und zur Führung Offiziere aus der

1) Hormayr an E. Johann, 10. April 1809. J. M. Es war der Mautner Josef Dölzl, einst österreichischer Zöllner in Scharnitz.
2) Chasteler schreibt an den Hofkriegsratspräsidenten Graf Wenzl Colloredo am 16. April 1809 (J. M.), er habe in Villach nur 14 000 G. empfangen.
3) Hormayr spricht in seinem Bericht an O'Donell von 5700 G. Giovanelli schreibt in seinen Aufzeichnungen zu 1809, Hormayr habe in Lienz 1500 G. aufgeliehen, dieses Geld aber im Pharo verspielt.  A. G.
4) Zu dieser Tracht hielt sich Hormayr berechtigt, weil er ein Majorspatent besaß und „in allen Graden" der Tiroler Landwehr gedient hatte. Für die neue Montur stellte er 326 G. in Rechnung. Hormayrs Uniformierungsauslagen (M. St.)



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 290

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.