305 - Speckbachers Aufmahnung


die Seele des Aufstandes. Er hatte die Leute des Mittelgebirges von Tulfes bis Ellbögen zum 11. April auf die Höhen des Paschberges, den die Sill vom Berg Isel trennt, entboten. Dort harrten sie den ganzen Tag und sahen dem Gefechte Ditfurths zu, ohne den Sillfluss zu übersetzen. Unweit der hinüberführenden Brücke war eine Kanone aufgefahren, deren Geschosse zeitweilig hinüberflogen zum Korethofe, dem Sammelplatz der Bauern. Zu sonstigen Tätlichkeiten kam es an dieser Seite nicht. Solches Nichtstun war nicht nach Speckbachers Geschmack. 1) Ihn beschäftigte ein anderer Gedanke: es galt, die bayrische Besatzung in Hall aufzuheben. Militär und Beamte in der Salinenstadt hörten das Schießen bei Innsbruck und wussten, dass dort gerauft werde. Aber sie lebten der Hoffnung, dass es wenigstens in ihrem Bereich ruhig bleiben werde. 2) Von ihnen unbemerkt traf Speckbacher seine Vorbereitungen. In den Nachmittagsstunden des 11. verringerte er die Besatzung am Paschberg, da er die Männer des östlichen Mittelgebirges nach Hause entließ mit der Weisung, man werde sie die folgende Nacht an der Haller Brücke brauchen. Seine Laufboten verbreiteten diesen Befehl in die Dörfer. Für diesen Tag war das Waldtaiding nach Tulfes angesagt. Die vom Volderwald waren schon auf dem Weg dahin. Da kommt ihnen ein Bote des Dorfmeisters Andreas Gerold entgegengelaufen und ruft ihnen zu: „Heute, liebe Nachbarn, ists nichts mit dem Taiding, heute gibts was anders, es ist Krieg." Der Speckbacher habe einen Aufruf vom Sandwirt und sei entschlossen, die Bayern zu fangen. „Ihr Volderwalder müsst mit den Rettenbergern den Trupp an der Voldererbrücke aufheben, das muss weiter angesagt werden." Speckbacher selbst besorgte diese Ansage mit seinem Knecht Georg Zoppl in Ampass, von dort eilten sie nach Volders zu Angerer, welcher schon seit der Begegnung mit Hofer seine Leute in Bereitschaft hielt. Dann gingen sie noch abwärts nach Wattens und Kolsass, fuhren bei Weer über den Inn und besuchten Fritzens und Baumkirchen, um überall die Losung auszugeben: Heute Nacht beim Kloster in Volders!  Während Zoppl mit der Parole nach Mils sich

1) Lakonisch verzeichnet Speckbacher in seiner „Übersicht der unter meinem Kommando vorgefallenen Affären 1809" (Tiroler Bote 1881,1 Nr. 218 ff.) zum 11. April: „Am Paschberg von 9 Uhr früh bis nachts." Über Speckbacher s. das gelungene Volksbuch v. Jos. Ferd. Mair.
2) Noch am 10. April schreibt der Haller Salinenverwalter Menz an Utzschneider: „Ich habe mit großer Freude vernommen, dass sich der Kriegsausbruch erlöschen wird, ich gewinne mein Gewette." Am folgenden Tag schreibt er an denselben: „Ich muss einen Brief in einem andern Ton als den gestrigen senden. Hier in Hall ist alles ruhig, aber in Innsbruck ist heute früh der Aufstand ausgebrochen. Die Ursache kenne ich nicht. Man sagt, die Bauern hätten ein Komplott gemacht zu allgemeinem Aufstand. Ob am Ende die Unruhe sich auch nach Hall zieht, steht zu erwarten. Ich hoffe, dass es nicht geschieht und werde mich mit allen Kräften bestreben, die Ruhe aufrecht zu halten." M. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 305

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.