334 - Die Kaiserlichen in Unterinntal


An diesem Tage hatten es die Bauern nicht mehr eilig mit dem Heimgang. Bis zum Abend wogte es in den Straßen Innsbrucks. Einem blinden Lärm über anrückende Franzosen war es zu danken, dass sich die Stürmer scharenweise der Brennerstrasse zuwandten. Bisson und seine Mitgefangenen mussten noch am selben Abend nach Hall abgehen, sie sollten über Zillertal den Kaiserlichen überliefert werden. Geistlichkeit und Stadtrat von Hall hatten vollauf zu tun, um die französischen Offiziere gegen Ausschreitungen des Pöbels zu sichern.

Während man in Innsbruck so ungestüm nach den Österreichern rief, beging man wenige Stunden innabwärts das Wiedersehen derselben. Oberstleutnant Paul Taxis war mit einer Division von Devaux Infanterie, ein paar Kompagnien Jäger nebst Salzburger Landwehr und einer Viertel-Eskadron von Salzburg nach Zillertal entsendet worden, um Fühlung mit dem 8. Korps zu bekommen. Nach einem fünftägigen Marsch sah er sich in Strass an der Zillermündung von dem Kommandanten dortiger Gegend, Jakob Margreiter aus Wildschönau, feierlich empfangen. Mit Beweisen ungeheuchelter Freude überschüttet, traf Taxis noch am 13. April in Schwaz ein. 1) Die nämlichen Eindrücke empfing Oberstleutnant Reissenfels, der zur selben Zeit mit einem Bataillon Fußvolk und einem Zuge Chevaulegers über Strub nach St. Johann und endlich bis Wörgl vorrückte, wo ihn bei der Gratenbrücke Sieberer mit seinen Scharfschützen und einer Musikbande bewillkommte. 2) Es war derselbe herzliche Empfang, wie ihn in Pustertal Chasteler gefunden hatte. Ihn, den Höchstkommandierenden, haben die Ereignisse in Nordtirol unsern Augen entrückt. Es ist Zeit, dass wir seinen Zug weiter verfolgen.

Wir sahen ihn am 11. April Rasttag halten. Der folgende Tag traf ihn auf dem Marsche nach Bruneck. Unterwegs, in Welsberg, übernahm er die Gefangenen, welche die Tiroler bei Lorenzen gemacht. In Bruneck war Mittagsstation. Chasteler benützte den kurzen Aufenthalt, um den an den Vorbereitungen beteiligten „Bauernkönig" Peter Wieland feierlich zu begrüßen und jenen Kreitter Peter, der mit seinen von der Wiener Reise

1) Taxis an E. Johann, 15. April 1809. J. M. Lergetporers Aufzeichnungen, ebenda.
2) Sieberers Tagebuch. Er schreibt: „Das war der schönste Tag meines Lebens." Üb. Reissensfels enthält das Tagebuch des Pflegers Werenspacher in Lofer folgende Notizen: „12. Apr. rückt R. mit 900 Mann in Lofer ein. In der Nacht wird von ihnen Strub besetzt, nachdem die Bayern am Abend vorher den Pass geräumt haben. Diese Bayern wurden von den Tirolern in Erpfendorf aufgehoben. Am 13. rückt R. in der Frühe nach Tirol. 200 Schützen hatten sich in der Nacht am Strub eingefunden, um sich den Österreichern anzuschließen. Diese hielten sie zuerst für bayrisches Militär. Als der Irrtum entdeckt war, herrschte großer Jubel, überall wurden die Glocken geläutet, die bayrischen Wappen sogleich zerstört."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 334

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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