342 – Deportationen


Beamten des Siegelamtes Daubrawik, Landrichter Hecher von Telfs und den von den Bayern quieszierten Kreishauptmann Anderlan. Der Milizmajor Atzwanger wurde zum Polizeichef, Baron Lochau zum Platzkommandanten bestellt. Ein Zirkular Chastelers erinnerte die Beamten an den Befehl ihres Königs, ihre Stellen nicht zu verlassen.

Dass die leitenden bayrischen Kräfte bei einer erfolgreichen Landeserhebung nicht an ihrem Platze bleiben dürfen, war bekanntlich schon bei den Wiener Besprechungen vorgesehen worden. 1) Hormayr war entschlossen, auf diesem Gedanken ein förmliches System von Deportationen aufzubauen. Am 18. April, da Graf Lodron, von seiner Unpässlichkeit erholt, das erste Mal vor Chasteler erschien, trug er die Bitte vor, es mögen ihm und seinen Landsleuten Pässe zur Rückkehr nach Bayern erteilt werden. Chasteler schlug es nicht ab. Da kam am folgenden Tage Roschmann mit den Weisungen Hormayrs, welche die Überführung einer ganzen Reihe von Bayern in das Innere der kaiserlichen Erblande verlangten. Dieses Schicksal war zugedacht dem Generalkommissär selbst, Mieg, den Kreisräten Eder und Heffels, Postdirektor Brück, Strassenbaudirektor Pigenot, Finanzrat Königer, mehreren Landrichtern und Assessoren. Sie hatten sich binnen 24 Stunden zur Reise bereit zu halten, Klagenfurt ward ihnen als Ziel bezeichnet. Damit war die von Hormayr angelegte Deportationsliste noch nicht erschöpft, auf ihr standen noch drei Professoren der Hochschule, die Theologen Bertholdi und Spechtenhauser, und Schultes. In den zwei Theologen sollten Männer getroffen werden, die ebenso durch ihre oppositionelle Stellung gegen den Bischof wie durch ihre bayrische Gesinnung bekannt waren, 2) und Schultes sollte büßen für seine gallerfüllten Ausfälle auf Österreich. Noch in Wien soll ihm Hormayr das geschworen haben. 3) Leichter griffen die beiden Priester zum Wanderstab, Schultes musste eine hochschwangere Frau mit Kindern in Dürftigkeit zurücklassen. Er schied nicht aus dem Lande, ohne seinen Freund Giovanelli noch begrüßt und mit seiner Notlage bekannt gemacht

1) Vgl. ob. p. 255.
2) Schon am 12. April suchte Spechtenhauser ein Versteck auf, da er sich als notorischer Bayernfreund vor den Bauern nicht sicher fühlte. (Danei.)
3) Die oben (p. 204) besprochenen Briefe von Schultes waren natürlich auch Hormayr bekannt. Roschmann machte zwar (nach Probst a. a. O. p. 280) für die Deportation die Initiative „einiger Landstände" verantwortlich, aber sie ging von Hormayr aus. Am 22. April schreibt Trentinaglia an Stadler (M. St.): „Ich möchte ein paar Zeilen von der landschaftlichen Versammlung (Aktivität) wegen der durch Hormayr angeordneten Abschaffung der drei Professoren." In Bozen rühmte sich Hormayr dieser Maßregel. Spechtenhausers Lehrkanzel für Moral wurde mit Franz Köck, die Bertholdis durch Koch und die des Schultes durch Schöpfer d. j. besetzt. Koch aber blieb auf seiner Pfarre, und so wurde das Fach der Kirchengeschichte von Feilmoser suppliert. Issers Bericht v. 11. Nov. 1809 M. K.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 342

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.