345 - Schutzdeputationen


Was die Bauern an Handgewehren vom Feinde gewonnen hatten, wurde ihnen natürlich gern gelassen zu ihrer eigenen Bewaffnung. Aber der andern Kriegsbeute suchte Chasteler habhaft zu werden in Form des Kaufes. Für die Pferde musste er den Leuten ansehnliche Preise zahlen, billiger waren die Geschütze zu haben. 1) Geldmittel hatte Chasteler nicht mitgebracht, daher alsbald sein lebhaftes Interesse für die Kassenbestände. Zur Übernahme derselben wurde eine Kommission bestellt: der an Stelle des abgesetzten Finanzdirektors Senger ernannte Ingram, Teimer und der Landschaftsdeputierte Stadler; sie rekognoszierte in Gegenwart der bayrischen Beamten die angelegten Siegel, öffnete nach richtigem Befund die Kasse und nahm die Zählung des Geldes vor. Es fanden sich in der Kreiskasse 7682, in der Schuldentilgungskasse 44 799 G. Diese Bestände bildeten für Chasteler und die Intendantschaft den Grundstock zur Bestreitung der Auslagen; sie wurden denn auch trotz mancher Zuflüsse binnen einem Monat stark erschöpft. 2) Willkommenen Zuschuss erhaschte Chasteler durch Festnahme der geldführenden bayrischen Postwagen. Jene Chaise, welche in Nassereit den Bauern in die Hände gefallen, ließ der Marquis nach Innsbruck bringen, ihr Inhalt war unberührt. Die Privatsendungen wurden weiter befördert, einige tausend Gulden ärarisches Gut konfisziert. Ein aus Roveredo nordwärts gehender Postwagen wurde ebenso behandelt und enthielt auch wieder 4000 G. an öffentlichem Geld, ebenso die in Beschlag genommenen Postkassen, so dass sich eine respektable Brise von etwa 19 000 G. ergab. 3) Der vom Stadtpöbel heimgesuchte Nathan war in der Lage, dem General mit einem Darlehen von 10 000 G. auszuhelfen.

Von Hormayr angeregt und mit seiner Übereinstimmung ließ Chasteler alsbald jene Form wieder aufleben, unter welcher die einstmalige Landschaft an der Leitung des Defensionswesens teilgenommen. Als ob die Verfassung wirklich wieder ins Leben getreten wäre, berief er „ständische" Schutzdeputationen, die nicht auf Grund eines Wählermandates, sondern auf seine und Hormayrs Bestellung hin zusammentraten. Gern nahm man dazu solche, welche schon 1805 als Schutzdeputierte gearbeitet hatten. Solcher Deputationen oder Komitees gab es verschiedene. Eine permanente in Innsbruck, zusammengesetzt aus dem Grafen Ignaz Tannenberg, dem

1) Den zwei Höttinger Bauern Jos. Geiger und Joh. Zehender wurden für eine bayrische Haubitze je 50 Gulden gezahlt, dem Andreas Steixner für eine französische 15 Gulden. L. A.
2) In die Kreiskasse, welche auch einige für andere Fonds fließende Gefälle aufnahm, gelangten in den nächsten vier Wochen 131 775 Gulden. Als sie die Bayern aber im Mai übernahmen, fanden sich außer einem Deposit von 3390 Gulden nur 10 203 Gulden vor. Die Schuldentilgungskasse war bereits auf 1449 Gulden herabgesunken.  Sengers Bericht an den König, 26. Mai 1809. J. St.
3) Vgl. ob. p. 304, Anm. 2. Bericht Hohenesters a. a. O.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 345

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.