364 - Chasteler in Bozen


So lang die Franzosen in Trient standen, konnten die Österreicher nicht weit über Lavis hinaus vordringen, selbst dann nicht, als schon deutsche Schützenkompagnien, wie die Schlanderser unter Frischmann und die Bozener unter Gasser nachgerückt waren. Bei Gardolo kam es zu belanglosen Zusammenstößen.

Bereits hier erwahrte es sich, dass das Schicksal des Landes von dem Gang der Dinge auf den großen auswärtigen Schlachtfeldern abhänge. Am 16. April hatte Erzherzog Johann den Vizekönig bei Sacile geworfen, und dies bestimmte Baraguay, alle seine Detachements an sich zu ziehen und mit seiner ganzen Macht Trient zu verlassen. Vorher hatte es noch einen verdrießlichen Zusammenstoß zwischen Lemoine und Welsperg gegeben. 1)

Wie Fenner und Marschall, so hat auch Chasteler dem Rufe Hormayrs Folge geleistet. Am 21. April war er in Bozen. Die Artigkeit, mit welcher der Intendant den Marquis in den Aufrufen hervor gestrichen hatte, quittierte dieser jetzt, indem er beim feierlichen Wiedersehen ersterem den Säbel des gefangenen Bisson mit den Worten überreichte: „Weil um die Einleitung dieser großen Successe niemand ein größeres Verdienst erworben als Hormayr." Noch gehobener wurde die Stimmung, als gleich darauf ein Bote ankam mit der Siegesnachricht von Sacile. Gleichwohl erwartete man, dass sich die Franzosen in Trient hartnäckig einnisten würden. Deshalb erhielt Oberstleutnant Ertel die Aufgabe zugewiesen, mit einem Bataillon übers Gebirge durch Valsugana dem Feind in die Flanke zu fallen. Chasteler marschierte in Begleitung Hormayrs mit den nachgekommenen zwei Landwehrbataillonen aus Kärnten und Krain auf der Reichsstraße südwärts. 2) Schon im ersten Nachtlager zu Neumarkt (22. April) wurde er verständigt, dass Baraguay Stadt und Kastell Trient aufgegeben habe. Nichts stand dem Einzug der Kaiserlichen am nächsten Tag im Wege. Aber es mangelte die Wärme des Empfanges. Chasteler und der Intendant kehrten daher ernstere Mienen hervor. Zwar hielt der General auf dem Schloss feierlichen Empfang, wobei er in der Anrede „goldene Berge" versprach, aber unmittelbar darauf liess er die auf den

1) Welsperg hatte seine Residenz auf Buonconsiglio. Am 18. abends erschien plötzlich Lemoine auf dem Schloss und erklärte dem Generalkommissär, er könne niemanden mehr hinauslassen und müsse alle Inwohner unter Bewachung stellen. Der Graf beschwerte sich, der Franzose sprach von Verräterei und von österreichisch Gesinnten in Welspergs Umgebung. Der Kommissär führte deshalb Klage vor Baraguay und vor dem König. Welsperg an den König, 19. April. M. St. Der König antwortet aus Augsburg am 5. Mai, er habe deshalb an Beauharnais geschrieben. In diesem Briefe drückt er noch die Hoffnung aus, es werde bisher die Ruhe im Etschkreis erhalten geblieben sein.
2) Bischof Salm von Gurk begleitete diese Bataillone. Hamberger, D. franz. Invas. in Kärnth. (1889) p. 30. Bei der Abreise von Bozen sandte Chasteler die Bozener Lenard und Nagele an E. Johann mit Berichten über die bisherigen Ereignisse in Tirol.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 364

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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