366 - Gefecht bei Volano


Volksaufstand des südlichsten Tirol in ihrem Rücken bedrohe. 1) Wohl mochte es ihn auch brennen, endlich einen eigenen Waffenerfolg noch auf tirolischem Boden aufzuweisen. So ging es am 24. südwärts in drei Kolonnen, Ertel zur Linken, Fenner mit Leiningen und Göldlin nebst der Hauptmasse der Deutschtiroler unter Hofer zur Rechten, Chasteler selbst mit dem Zentrum (drei Bataillone und zwei Eskadronen) auf der Straße über Matarello. Hinter dem Dorfe Volano stand Baraguay, im Abzug begriffen, in fester Stellung. Ohne Bedenken liess Chasteler seine Bataillone im Sturm vorgehen. Es war ein Anfassen des Stieres bei den Hörnern. 2) Die braven Soldaten von Lusignan erschöpften ihre Kraft im Anlauf gegen einen weit überlegenen Gegner. Bei einbrechendem Dunkel wurde das Gefecht abgebrochen, das beiderseits viele Opfer gekostet: mehr als 500 Kaiserliche waren gefallen, fast ebenso viel Verwundete liessen die Franzosen bei ihrem fortgesetzten Rückzug in Roveredo zurück. Diese Stadt konnte Chasteler am 26. ohne Schwertstreich betreten. Als er aber seinen rechten Flügel dem Feinde nachsandte, kam es noch bei Pikante zu einem hitzigen Zusammenstoß, wobei Hofers Schützen die Mannschaft Leiningens vor einer Katastrophe bewahrten; der tapfere Bozener Hauptmann Gasser ward dabei verwundet. 3)

Am 27. April stand, mit Ausnahme von Kufstein, kein Bayer und kein Franzose mehr auf tirolischem Boden. Binnen zwei Wochen hatte sich das Befreiungswerk mit einer Raschheit und Vollständigkeit abgespielt, die selbst der Verwegenste zur Zeit der Vorbereitung kaum zu träumen gewagt hätte. Dank und Freude herrschte darob in allen Gauen. In kecken Trutz- und Spottversen sang man die jüngsten Taten. 4) Wenig

1) Hormayr schreibt aus Trient an Giovanelli d. ä. am 23. April: „Die Sachen gehen über allen Ausdruck gut, E. Johann steht zwischen Vicenza und Verona, durch den Massenaufstand in seinem Rücken ist Baraguay d'Hilliers offenbar zur Kapitulation gezwungen." A. G.
2) Die Zeitgenossen bezeichnen Chastelers Vordringen ziemlich einhellig als voreilige Losgeherei. Hepperger notiert in seinem Tagebuch: „Bei Volano hat das Regiment Lusignan stark gelitten. Chasteler besetzte keine Anhöhen, suchte den Feind nicht zu flankieren und opferte mal a propos viele brave Leute."
3) Über die militärischen Bewegungen in Südtirol orientiert genau eine Artikelserie in Tir. Bote 1833, über Volano ebend. 1850, p. 738.
4) Nach Gänsbacher (A. G.) sang man in Sellrain die „Grabschrift auf die bayrische Armee zu Innsbruck im April 1809":

O weh, o weh, o weh,
Hier liegt die bayrische Armee.
Sie wurd von Bauern todtgeschlagen,
Mit Jubel in das Grab getragen.
Der General, der feige Kinkel
Liegt arretiert im finstren Winkel.
Des Ditfurth stolze Grausamkeit
Hat seinen Sturzfall selbst bereit.
Auch Wredens Wut ist untergangen.
Was nicht todt ist, ist gefangen.
Wer hier nicht so bedient will sein,
Der geh nicht ins Tirol herein.
Ihr Fürsten lernt aus diesem Grabe,
Was Sklavendruck für Folgen habe.
Ihr Bayern habt vor hundert Jahren
Ein gleiches Schicksal schon erfahren.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 366

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.