383 - Hormayr und die Universität


bat sie, ihm zu helfen. Diese versuchten ihn umzustimmen mit dem Hinweis, dass er einstens unter Österreich schon gleiche Dienste geleistet. Aber Dipauli entgegnete: Als die Churer Priester ihrem Bischof treu bleiben wollten und dafür gestraft wurden, hat man es den Bayern übel genommen; ich bin gegenüber der österreichischen Regierung im gleichen Fall. Man möge ihn, so schloss er, nur deportieren. Rapp und Giovanelli wollten aber doch dem Gastfreunde dienen und sprachen mit Hormayr. Dieser, eben im Begriffe an die bayrische Grenze zu reisen, liess Dipauli sagen, er solle sich einstweilen krank melden, es werde später mit ihm verhandelt werden. Dipauli wies diesen Ausweg zurück und verharrte bei seiner Weigerung. Viel Gutes wurde ihm damals darob freilich nicht nachgerühmt. 1) Er war daran, bei beiden Parteien das Vertrauen einzubüssen. 2)

Mitten im Drang der Geschäfte, welche der Verteidigung und Verwaltung des Landes galten, wandte sich Hormayr, der Literat, auch der Landeshochschule zu. Das erste zwar, was er an der Universität veranlasste, hatte mit ihrem Zweck gar wenig gemein: die Musensöhne sollten sich in Söhne des Mars verwandeln. 3) Bald darauf ließ er den „Rector perpetuus" wieder aufleben, in dessen Namen er akademische Wahlen bestätigte und Verordnungen erließ. 4) Gravitätisch gab er die Versicherung, die Universität bleibe als wichtiges Mittel der Nationalerziehung und Bildung stets der Gegenstand seiner besonderen Aufmerksamkeit. 5) Im Punkte Hochschule sah sich Hormayr, der Fortschrittler, der sich jetzt nur auf

1) Hormayr ließ durch Pausinger dem Grafen Enzenberg (offenbar zunächst in bezug auf Mieg) sagen, Dipauli, den auch er als Freund und Lehrer verehrte, habe sich unter den jetzigen Umständen tatsächlich zweideutig benommen und das öffentliche Vertrauen verloren. (Es charakterisiert übrigens Hormayr, dass er im gleichen Augenblick, da er dies schrieb, Dipauli in die Schutzdeputation ernannte.) Hormayr an Pausinger. 10. Mai. J. M. — Chasteler meldet an E. Johann Dipaulis Eidweigerung und setzt bei: „Dipauli, der kenntnisreichste und unentbehrlichste Mann im Lande, ist zwar ohne hervorstechende Kraft des Charakters, aber sicher ein Patriot und nicht bayrisch gesinnt." Ebend. — In der Schmähschrift „Zwei Aktenstücke" p. 9 wird Dipauli genannt „der intimste Freund Hormayrs, intimer Freund des Hauses Giovanelli, vertrauter Agent des E. Johann" (!) E. Johann urteilt in seinen Denkwürdigkeiten: „Dipauli war einer der ausgezeichnetsten Männer, den ich sehr hoch schätzte. Es lag in seinem Charakter nicht die Kraft für solche Verhältnisse, wie damals in Tirol waren. Dies und das von ihm öfters ausgesprochene Urteil über Ereignisse und Individuen machte ihm Feinde und bewirkte, wie ich glaube, mit Unrecht, dass man seinen Patriotismus verdächtigte."
2) Ein Brief Chastelers an E. Karl, wo er sich über Dipauli ähnlich äußerte wie an E. Johann, fiel den Bayern in die Hände und machte bei diesen wieder „ungünstigen Eindruck".
3) Üb. die Studentenkompagnie s. unt.
4) Im Jahre 1800 hatte der Senat den E. Johann zum Rector perpetuus ernannt. Probst, p. 253.
5) Erlass vom 4. Mai.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 383

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.