388 - Marschall und die Bauern


Civezzano schlug er sich mit den nachsetzenden Tirolern. Es wurde damals schon tadelnd bemerkt, dass General Schmidt, welcher sich über Cadore Pustertal näherte, und Marschall, der sich mit der Besetzung Trients begnügte, kein gegenseitiges Einvernehmen erzielten, um Rusca in die Mitte zu nehmen und von seinem Hauptheere abzuschneiden. 1)

Der Anwesenheit des kaiserlichen Militärs, sowie dem kräftigen Dazwischentreten des Sandwirts hatte es die Stadt Trient zu danken, dass sie von den großen Bauernmassen, namentlich den sehr erregten Welschtirolern, nicht räuberisch angefallen wurde. Die Neigung dazu war groß, weil man den Bürgern nachsagte, sie hätten sich gegen den vor Rusca zurückziehenden Leiningen offen feindliche Akte erlaubt. 2) Trient und Umgebung blieb noch mehrere Tage von Soldaten und Bauern dicht besetzt. Zwischen den führenden Persönlichkeiten gab es aber allerhand Missklang. Mit Leiningen, dessen schneidiges und volkstümliches Wesen gefiel, konnte sich der barsche, wenig bewegliche Marschall nicht vertragen. 5) Gegen die Bauern hochfahrend und wegwerfend, ein Prügelknecht der eigenen Soldaten, ging dieser General jeglicher Sympathien verlustig. Selbst mit dem gut verträglichen Hofer fand er kein Auskommen. Marschall wollte das Landvolk eiligst abdanken, der Sandwirt und die Seinigen trauten dem Landfrieden noch nicht und waren nicht für das Auseinandergehen. Als der General beharrte, steifte sich Hofer auf das Recht eines selbständigen Kommandanten und wollte erst die Rückkunft der zum Erzherzog geschickten Boten abwarten. Unter den Bauern hieß es, sie wollten nicht mehr länger zusehen und am liebsten den General in Arrest legen. So standen noch am 10. Mai um Trient 8 welsche und 14 deutsche Kompagnien mit einer Gesamtzahl von 3400 Schützen. 4)

Dieser französische Besuch des untern Etschtales ging vorüber gleich einer sich schnell verflüchtigenden Gewitterwolke. Schwerer sollte es sich

1) Vejders Journal a. a. O. Chasteler meldet der Deputation Ruscas Abzug durch die Valsugana „wo es ihm wegen Ankunft des Generals Schmidt, wo nicht gefangen, doch sehr schlecht ergehen kann". 8. Mai. L. A. Hormayr dachte weniger zuversichtlich. Er bestellte eben damals eine Schutzdeputation auch für Pustertal mit Wörndle, den Richtern von Taufers und Altrasen, Attlmayr und Petzer, und andern. Sie sollten dort die „etwas erkalteten Gemüter beleben".
2) Auch im Haus Giovanelli in Bozen wusste man, dass die Österreicher in Trient aus den Fenstern beschossen und Leiningen mit Steinen beworfen worden seien.
3) Giovanelli d. ä. wünschte eine Adresse der Stände an Leiningen, seine Aufnahme in die tirolische Matrikel und die ständische Verwendung, dass Leiningen Theresienordensritter werde, „denn wir können stolz sein auf ihn". Das Kleinkreuz des Theresienordens erhielt Leiningen auf Johanns Empfehlung im August.
4) Die Kompagnien waren von sehr ungleicher Stärke; so zählte die von Zambana nur 40 Mann, dagegen eine einzige Passeirer (Holzknecht) 400 und die von Griess 350. Chastelers Journal. A. J.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 388

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.