406 – Chastelers Flucht nach Innsbruck


ausgebrochen und drohten mit Brandlegung. Alles in der Stadt bewaffnete sich und machte Jagd auf die fünfzig Übeltäter, die, nachdem ein paar das Leben gelassen, glücklich wieder eingebracht wurden. Von Chasteler kam noch am Vormittag des 13. die zuversichtlich klingende Meldung, er wolle nun sein Glück gegen Bayern versuchen. Unbequem war dem Intendanten das Erscheinen einer Abordnung der Bozener Kaufmannschaft, welche die Rückzahlung der im April bei ihr aufgenommenen Schuld zu. betreiben hatte. 1) Hormayr verwies die drängenden Mahner an die Feldkriegskasse, über welche Chasteler verfüge; diesen sollten sie in Unterinntal aufsuchen, er wollte ihnen an denselben noch eine Depesche mitgeben. Während die beiden Bozener in der Hofburg auf diese, versprochene Abfertigung harrten, hörten sie draußen auf dem Platze großen Lärm. Schweißtriefend von einem wahren Parforceritt war Chastelers Adjutant Vejder eingetroffen mit der Unglücksmär von Wörgl: Soldaten und Landwehr seien tot oder gefangen, alles Geschütz verloren, die Bayern stünden schon in Schwaz. Nun war von einem Entgegengang zu Chasteler keine Rede mehr, die zwei Patrizier von der Talferstadt traten bekümmert den Heimweg an. Hormayr geleitete sie bis Brixen, wo wenigstens ein Teil ihres Guthabens getilgt werden sollte. 2) Als sie um 10 Uhr abends zur Stadt Innsbruck hinausritten, hörten sie in weitem Umkreis das Sturmgeläute. Denn mit Blitzesschnelle hatte sich nach Vejders Ankunft die Schreckensnachricht verbreitet. Die Ausschüsse der benachbarten Gerichte liefen in die Burg, beteuerten vollste Bereitwilligkeit ihrer Gemeinden und wollten nur von Hormayr eine Direktive empfangen. Wohl mehr instinktiv als nach einem bestehenden Plan wies man ihnen die Stellung bei der Brücke in Volders an. Auch der Landeshauptstadt selbst bemächtigte sich große Unruhe. Wie in den Dörfern bildeten sich in ihr Kompagnien: die Studenten wollten wieder ausziehen und erhoben, da kein Professor zu haben war, den Offizier ihrer früheren Kompagnie, Rubatscher, zum Hauptmann; 3) eine Kompagnie Innsbrucker Bürger vertraute sich dem Kommando des Theaterdirektors Rossi an.

In derselben Nacht noch langte Chasteler aus dem Unterinntal, Buol mit seiner Mannschaft von Scharnitz her in Innsbruck an. Im Hause des Baron Reinhart suchte der todmüde Marquis, in Hall von einem wütenden Haufen eben noch tätlich beleidigt, eine Stunde der Ruhe zu pflegen. Aber man musste doch auch für die nächste Zeit schnell einen Entschluss fassen. Chasteler dachte an eine Aufstellung am Isel, Buol wies auf

1) Es waren die Herren Hepperger und v. Eyrl.
2) Hepperger a. a. O.
3) Kriegslustig, wie die Studenten nun einmal waren, duldeten sie keinen Anschlag am schwarzen Brett, der ihnen die Wiederaufnahme der Vorlesungen verkündete. Chron. von Pusch. Dipauli an seinen Sohn Franz, 13. Mai. A. D.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 406

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.