418 - Stillstand Lefebres


selbst! Weit ins Inntal hinauf leuchtete der Feuerschein und erfüllte das Volk mit Schrecken, noch mehr mit rasendem Zorn. Aber auch dort, wo man nur mehr gehörsweise von dem noch nicht dagewesenen Ereignis vernahm, frischte es die Erinnerung an alles, was die Bayern getan oder getan haben sollen, von neuem auf. Alle ihre Taten gruppierten sich um das brennende Schwaz und einigten alles zu dem einen Schwur: Nieder mit den mordbrennerischen Tyrannen! Die glühendsten Proklamen und die bündigsten Befehle übten keine solche Wirkung auf den Volksgeist wie die Flammenschrift von Schwaz. Von nun an war der Name Schwaz bei den Tirolern der wirksamste Weckruf zur Fortsetzung oder Erneuerung des Widerstandes.

Lefebre wohnte noch am 16. Mai im Schloss Rotholz, von dort erging seine letzte Mahnung zur Ergebung, damit „Maßregeln verhütet werden, welche die Strenge gebietet". Am selben Tage langte er auf dem Gebreite von Vomp an und schlug da sein Lager, rings umgeben von den rauchenden Trümmern menschlicher Niederlassungen. 1) Im Marsch seines Korps trat ein Stillstand ein. Möglich, dass er den ermüdeten Soldaten eine Rastzeit gönnen wollte, oder dass er von jenem missverständlichen Gerücht über die Bewegung Jellachichs vernommen hatte. 2) Die seit Wörgl unternommenen zusammenhangslosen, wenn auch leidenschaftlichen Abwehrversuche hatten bereits im französisch-bayrischen Hauptquartier den Eindruck erweckt, es sei die Widerstandskraft im Abnehmen. 3)

Diese Meinung hätte derjenige vielleicht nicht bekommen, der das Gewoge der schlaglustigen Massen bei Volders sah. Die Lohe von Schwaz, welche sich vor ihren Blicken ausbreitete, tat noch das ihrige; immer lauter wurde das Verlangen, gegen den Feind geführt zu werden. General Buol sollte sie führen. Der aber blickte fragend nach seinem Chef, welcher, wie man weiß, schon südwärts entronnen war. Die erste Rast gönnte sich Chasteler in Steinach. Schon in der Nacht vorher war ihm

1) Vejder zählte von Schwaz abwärts 14 verbrannte Orte.
2) Am 15. Mai lief in Innsbruck eine gedruckte Meldung des Majors Lochau um: "Es wird hiermit bekannt gemacht, dass zwei Hauptleute als Kuriere an Chasteler abgegangen sind mit der angenehmen Nachricht, dass Jellachich in St. Johann steht und das feindliche Korps, das gegenwärtig in Unterinntal ist, ohne Zweifel gefangen nehmen wird." Am 16. war in Innsbruck das Missverständnis schon aufgeklärt. Dipauli schreibt an diesem Tage seinem Sohn Franz: "Die Sache mit Jellachich ist ganz anders, seine Bataillone schickt er nach St. Johann i. P." A. D.
3) Weinbach schreibt am 16. Mai: „Der Krieg scheint mir keine Bedeutung mehr zu haben, weil die Bauern nach der Niederlage Chastelers keine Verbindung mehr besitzen und nur einzelne mehr Widerstand leisten. Aber es wird noch viel Blut kosten, weil man auf der Strasse nirgends sicher ist."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 418

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.