432 – Waffenstillstand


erwählt, und nun zeigte es sich, dass jeder von den anwesenden Bauern sich der Sendung weigerte. Peinlichste Verlegenheit! Schon nahte die Mitternachtsstunde. Da tritt unerwartet Stolz von Schönberg in den Saal 1) und erstattet die Meldung: die Österreicher seien bereits über den Brenner gezogen, das scheine ihm so wichtig, dass er keine Stunde habe zögern wollen, um es der löblichen Deputation zu hinterbringen. Damit war das Eis gebrochen. Die Bauern erklären sich verraten und verlassen und sind bereit, die Sendung zum Landsturm im Augenblick zu übernehmen. Auf Dipaulis Zureden schloss sich ihnen Stolz an, um als Zeuge zu dienen für den Abzug der Kaiserlichen. An die Hauptleute Straub, Lauterer und Hirn als Vorpostenkommandanten in Vomp nahmen sie den Befehl mit, bei Wrede die Stillstandserstreckung zu erwirken. 2)

Die abgesandten Bauern kamen ihrer Mission in promptester Weise nach. 3) In Volders und vor Vomp teilten sie die ihnen anvertrauten Befehlsschreiben aus. Es war ein lebensgefährliches Wagnis. Huter, welcher seine Depesche an Straub in Volders übergab, 4) musste sich gleich verbergen, die Leute drohten ihn zu erschießen und so auch den Kronenwirt, wenn er die Botschaft weiterbefördere. Hall und Innsbruck samt allen Herren solle man verbrennen, schrien die Wütenden. Auf der andern Seite des Inn besorgte Pfurtscheller mit einigen die Verkündigung. Sie fanden denselben widrigen Empfang. Die Bayern seien ja voll Furcht, man habe sie schon in die Mitte genommen, in der folgenden Nacht werde das feindliche Lager überfallen werden. Klüglich änderten die Gesandten gegenüber den Lärmenden den Ton: sie seien nicht gekommen, die Ablegung der Waffen zu fordern, sondern nur um ihnen die wahre Lage zu schildern, damit ihnen die Familien der Stürmer bei einem unglücklichen Ausgang keinen Vorwurf machen könnten. Solche Rede tat bessere Wirkung, die Bauern begannen nachdenklich zu werden. Wenn der Erzherzog Johann unglücklich gekämpft hat, dann werden wir auch nichts richten; es wird doch am besten sein, wir verhandeln mit dem Wrede; also ging das Gespräch durch die Reihen, von einem Wachfeuer zum andern. Bald waren einige Vertrauensmänner, wie die Hauptleute Alois Schweighofer und Zoller von Silz, auserlesen, damit sie sich zum feindlichen General begäben. Sie wurden durch die bayrische Vorpostenkette durchgelassen und gelangten zu jener Mühle am Vomperbach, welche vor zwei Tagen der Schauplatz der beiderseitigen Aussprache gewesen war.

1) Ein wahrer Deus ex machina, sagt Dipauli a. a. O., welcher die Vorgänge dieser Nacht genau schildert. In kürzerer Fassung eine Darstellung von M. Pfurtscheller (Hueber p. 16).
2) Datum 1 Uhr nachts 18. Mai. J. M. — Danei a. a. O.
3) Drei Namen dieser Gesandten sind überliefert: Huter, Pfurtscheller und Stern.
4) Nach L. Rapp, Schicksale d. Serv.-Klost. p. 24 intervenierte Stolz in Volders wie bei Vomp.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 432

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.