434 - Teimer und Vejder bei Wrede


Schreckensbleich stürzt er zu einem Freunde und weckt ihn mit den Worten: „Welcher Tag wird das werden?" Schnell brachte ein dritter Beruhigung; der hatte vernommen, wie die zwei Reisenden auf der Post beim Pferdewechsel den Umstehenden zugerufen, die Österreicher seien erlegen, es sei nichts mehr zu machen. Und jener Bursche hatte nur Lärm geschlagen beim Anblick von Vejders Uniform.

Vejder und Teimer fuhren also ohne Aufenthalt weiter. In Innsbruck hatte man ihnen die Nachricht von der Kapitulation bestätigt, und Vejder meinte, unter also geänderter Lage entfiele eigentlich seine Mission. Dennoch entschloss er sich, an der Seite seines Kollegen zu bleiben. Sie gelangten nach Volders. Da trafen sie unter den Tausenden „das bunteste Gemisch stiller Niedergeschlagenheit, dumpfen Zweifels und betäubender Raserei". So mancher schickte sich schon an zum Heimwege. Die zwei Ankömmlinge waren daran, wieder vieles zu verderben. Teimer konnte der Deputation ihren selbständigen Schritt nicht verzeihen. Den fragenden Bauern entwickelten die Ankömmlinge, die Kapitulation, von welcher sie gehört, sei einseitig und unterschoben, 1) eingegangen in einem Zeitpunkt, da sie beide eben daran waren, „solide, aber nicht auf Abtretung hinzielende Unterhandlungen zum Besten der Tiroler" anzuknüpfen. Die Stürmer horchten auf und bezogen sogleich kampfbereit ihre früheren Stellungen. Aber die zwei seltsamen Friedensapostel zeigten Eile, sie setzten über den Inn und ritten durch die verhauenen Defileen über Baumkirchen Wrede entgegen, 2) der sich langsam vom Vomperbache herzunäherte. Der Eindruck, der sich Vejder darbot, war der „eines eigentümlichen Mitteldinges zwischen offener Fehde und eingebildeter Waffenruhe", Kampflust vermischt mit den erkennbaren Wirkungen der Flugzettel der Deputation. In der Nähe von Terfens stießen sie auf die bayrische Avantgarde. Zu Wrede geführt, nahm Vejder das Wort, stellte sich als Gesandten Chastelers vor und erinnerte an den Wunsch, den der General vor zwei Tagen geäußert, mit einem österreichischen Offizier zu verhandeln. Wrede war nicht aufgelegt, eine lange Rede anzuhören, er unterbrach den Sprecher und machte ihn aufmerksam, dass sich seither die Lage wesentlich geändert habe. Dabei überreichte er dem Major neueste Zeitungen, die von den Fortschritten der französischen Heere in Österreich und Italien meldeten, und schloss mit der Erklärung, unter solchen Verhältnissen bleibe Chasteler, dem von Napoleon Geächteten, dem auch schon die Verbindung mit Kärnten abgeschnitten sei, nichts übrig, als die Waffen zu strecken. Zu Teimer sich wendend, bestätigte Wrede die Tatsache,

1) Vejder spricht in seinem Journal, das hier Hauptquelle, von "der fatalen Innsbrucker Afterkapitulation".
2) Sie bedienten sich der Pferde, welche ihnen die zu solchen Lieferungen stets bereite Freiin von Sternbach aus Mühlau nachgeschickt hatte.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 434

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.