440 - Herstellung der königlichen Regierung


reichten hin, den General eine Reihe schwerer Missgriffe der königlichen Regierung in der Behandlung des Landes erkennen zu lassen. Mit anerkennenswerter Offenheit hat er sogleich dem König seine Wahrnehmungen dargelegt. 1) Ein so streitbares Volk, meinte er, wie er in den Tirolern kennen gelernt, müsste sich unter normalen Verhältnissen zur Militärstellung am allerleichtesten verstehen. Auch in München begann man nachzudenken, wie man es in der wieder eroberten Provinz besser machen könnte. Montgelas suchte nach einem geeigneten Generalkommissär, der, wenn auch ein Bayer, doch das Land gründlich kennen sollte, eine, wie er versichert, sehr schwierige Wahl. 2) Dipauli wurde vom Minister wiederholt Konferenzen beigezogen, um Instruktionen für den künftigen Leiter der Regierung in Tirol zu entwerfen. Es wurde dabei sogar, um dem Vorwurfe des Verfassungsbruches zu begegnen, die schnelle Berufung von Kreisständen beschlossen, deren Mitglieder, da die Zeit keine Vornahme von Wahlen gestattete, von Hof aus auf Grund einer Liste der größten Steuerzahler ernannt werden sollten, und Dipauli zum Vorsitzenden des Kongresses, Remich in Bozen zu seinem Sekretär ausersehen. 3)

Was von der bayrischen, Beamtenschaft noch in Innsbruck gegenwärtig war, amtierte wieder in Königs Namen. Der einzige vorhandene Kreisrat Benz übernahm einstweilen die Geschäfte des Generalkommissärs für den Innkreis, 4) Atzwanger wurde von Lefebre mit der Leitung des Polizeikommissariates betraut. 5) Vor allem interessierte man sich um die Lage der Finanzen. Finanzdirektor Senger, welcher nach dem Einzug der Österreicher dem Rechnungskommissär Ingram als provisorischen Chef der Finanzverwaltung hatte weichen müssen, nahm seine Stellung wieder ein. Infolge der Deportation oder Flucht fehlte so manches Haupt von seinem ehemaligen Beamtenkörper. Der Dienst war während der Tage der „Anarchie" völlig ins Stocken geraten. Aber was fruchtete der wieder aufgenommene Dienst, da die Kassen eine traurige Ebbe wiesen! Nach dem Journal der Eingänge hätte die Kreiskasse 131 000 Gulden enthalten sollen, es waren kaum 2000 vorhanden, der Schuldentilgungsfond war

1) Wredes Schreiben v. 22. Mai s. p. 195.
2) Montgelas an Hompesch, 21. Mai.  M. K.
3) Dipauli a. a. O. Nebenbei nahm Dipauli bei seinem Verkehr mit hohen Münchener Kreisen die Gelegenheit wahr, um den Gerüchten über die Grausamkeit der Tiroler Bauern entgegenzutreten.
4) Weinbach an Hompesch, Innsbruck, 20. Mai. M. St.
5) Lefebre an den König, 22. Mai.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 440

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.