456 - Hormayr in Bozen und Meran


Bürgerschaft bemächtigt hatte, wurde durch diese fluchtartige Erscheinung des Intendanten noch vermehrt. Dass er sich zur Weiterreise von dem eben anwesenden Leiningen eine Reitereskorte erbat, deutete man auch nicht zum Guten, jene, die sich besonders kompromittiert fühlten, suchten das Weite. So Nessing, der Bürgermeister Menz, so auch Giovanelli Vater, der in Begleitung seines Sohnes und Rapps in das schweizerische Kloster Münster floh, um erst in der dritten Woche danach zurückzukehren. 1) In Meran traf Hormayr hochflutende Bewegung, in Wirklichkeit nicht sein Erfolg, sondern die Wirkung von Hofers Laufzetteln. Die Devise für alle sich sammelnden Haufen lautete: über den Jaufen. Ungestüm forderten die Bauern, dass auch die Bürger, die Herren, mittun. Hormayr versichert, dass auf sein eifriges Zureden Graf Stachelburg die Hauptmannschaft über eine Kompagnie übernahm. Was der Intendant in Bozen unterlassen, suchte er von Meran aus nachzuholen. Von ihm beauftragt, zogen Valentin Tschöll und Heinrich von Vintschgau mit einigen Kompagnien dahin, um auch in Bozen eine Kommandantschaft zu errichten und unter Heranziehung aller Waffenfähigen im Alter von 16 bis 60 Jahren ohne Unterschied von Rang und Stand Kompagnien zu organisieren. Dann ging Hormayrs Reise weiter ins Vintschgau. Teimer sandte er voraus nach Landeck "in dieses tirolische Schwytz". Überall verkündete er, dass ihm Leiningens Truppen folgen würden, die Orte hatten reichliche Sorge für Fuhren und Vorspann zu treffen, der Landsturm sich bereit zu halten. Hormayr gesteht selbst, dass ihm nur der Prätext solchen Eifers die Möglichkeit bot, unaufgehalten von der misstrauischen Bevölkerung bis an die Schweizer Grenze zu gelangen. 2) In Mals traf er mit Juvalta zusammen und baute

1) Giovanelli verließ Bozen am 21. Mai, 9. Juni kam er zurück. Er und seine Begleiter hatten auf dem Weg von Glurns nach Taufers von mancher „wilden Rotte toller Kerls" vieles auszustehen. Dem Pfarrer Prieth verdankten sie, dass sie noch glimpflich durchkamen. Von Oberstleutnant v. Toggenburg, dem Kriegskommissär des schweizerischen Neutralitätskordons in Münster, erhielten sie Pässe zur Weiterreise. Sie kamen bis St. Maria, wo der Schnee sie zur Umkehr nach Münster zwang, dessen Klosterinsassen ihnen behagliche Unterkunft gewährten. Rapp kehrte schon am 26. zurück und brachte der zurückgebliebenen Familie beruhigende Kunde. Den Briefboten von Bozen nach Münster machte Priester Pradella. Familienkorrespondenz A. G. — Ganz unbegründet ist, was die bayrische Partei später ausstreute, Giovanelli sei in die Schweiz gegangen, Munition zu holen. Pradella gab sich nebenbei die Mühe, den ungünstigen Eindruck, den die Flucht Giovanellis machte, in gleistlichen und bäuerlichen Kreisen zu tilgen.
2) Äußerungen des Misstrauens gegen Hormayr begegnen oft. Hepperger bezeichnet die Agitation Hormayrs in diesen Tagen als Komödie und Maske, um sich die Flucht zu erleichtern. Giovanelli sagt: „So log er sich durch das Land." Danei hat in Meran und Bozen vernommen, dass die Bauern Hormayrs Versprechungen für Trug ansahen und ihn genau beobachten ließen. Hormayr bestätigt selbst das ihm begegnende tiefe Misstrauen, weil die von ihm versprochenen Truppen sich nicht zeigten. Aber sehr windig ist, was er als Ursache für das Ausbleiben dieser Truppen angibt: „Im Landgericht Meran und Untervintschgau fand ich sehr gute Stimmung; aber je mehr ich mich Oberinntal näherte, um so mehr waren die Herzen erkaltet, die Anhänger Bayerns übermütig und die Patrioten gebeugt. Unter diesen Verhältnissen konnte mir Leiningen die versprochene Unterstützung nicht mehr schicken." (An Zichy.) Solche Begründung ist leeres Gerede.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 456

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.