457 - In Vintschgau


mit ihm wieder Veltliner Pläne. Um seinen Kredit bei der Bevölkerung 1) zu erhöhen, ließ er den unbeliebten Landrichter Rungger in Nauders, den man der Verbreitung bayrischer Proklamen beschuldigte, absetzen und nach Meran als Gefangenen abführen. Erst die Novemberereignisse brachten diesem wieder die Freiheit. An seine Stelle trat Michael Senn, der damit den Lohn erntete für seinen Anschluss an die Sache der Erhebung. Mit salbungsvoller Rhetorik installierte sich der neue Richter in seinem Sprengel, bestellte aber also gleich einen Substituten; denn er wollte noch weiterhin der bisher betriebenen Wanderagitation leben. 2) Was immer Hormayr in diesen Tagen trieb und leistete, es stand außer Zusammenhang mit dem, was im großen Volkslager am Brenner vor sich ging, und hatte daher auch keinen Einfluss auf die entscheidende Gestaltung in den nächsten Tagen. 3) Fast eine Woche lang konnte der Intendant überhaupt keine authentische Kunde mehr von dem bekommen, was im Herzen des Landes geschah. Hormayr existierte für den Sandwirt eigentlich nicht mehr. Wie bagatellmässig hat Hofer doch damals eine Anfrage desselben abgefertigt. Es war vor dem Kampf am Isel, als ein Bote 4) des Intendanten den Sandwirt ausholen wollte, was man denn im Schilde führe. Er bekam zur Antwort: „Der Sandwirt sitzt beim Freund Etschmann in der Schupfen, füttert seinen Fuchsen, schneidet Brot ab und trinkt auf Hormayrs Gesundheit." 6)

1) „Die, irregeführt durch die Kapitulation von Innsbruck, nur mit Mühe gestillt ward."
2) Protokoll über Senns Antritt des Landrichteramtes. (M. K.) 22 Männer des Gerichtsausschusses sammelte Senn um sich und verlas ihnen Hormayrs Dekret, wo seine Bestellung verfügt war „unbeschadet des der Gerichtsgemeinde zustehenden Vorschlagsrechtes". Senn versicherte „jeder, arm und reich, hoch und nieder soll gleiches Recht haben". Besonders aber sollten alle streben, patriotisch zu sein, recht zusammenhalten zu gemeinschaftlicher Verteidigung und zur Beibehaltung des Hauses Österreich, was nötig ist, wenn anders die jetzt lebenden Familienväter einst mit dem Trost diese Welt verlassen wollen, dass ihre Kinder bei der wahren Religion erhalten werden sollen." Die Versammelten sprachen den Dank aus und gelobten „als treue Untertanen sich zu betragen, wie es sich nach göttlichen und weltlichen Gesetzen .ziemt". Üb. Senn und Rungger s. ob. 343.
3) In Mals hat Hormayr bei der bedenklichen Gärung wieder Briefschaften verbrannt. Gleichwohl rühmte er später, er habe eben da „jene Diversion vorbereitet, welche am 29. Mai die zweite Befreiung des Landes so wesentlich entscheiden half". (Bericht v. 1815 a. a. O.)
4) Dieser Bote war Gottlieb Mock.
5) Indem Hormayr diese Antwort registriert, macht er seinem Ärger darüber Luft. Hofer habe da nur so geheimnisvoll getan, weil er nichts Gescheiteres zu sagen wusste. „Denn Hormayr, der Geist, der ihn aufgeblasen hatte, war hinweg und der Schlauch fiel wieder in sich selbst zusammen." Diese Episode habe ich gewürdigt in meinem Aufsatz „Andreas Hofer und Hormayr" („Die Kultur" I, 578) Vgl. dar. die Anmerkung bei Maretich I, 81.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 457

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.