462 - Gefecht östlich vom Isel


Ullwald, wo sie eben standen, das Feuer, im Augenblick zählten die Bayern 13 Verwundete. Die Strasse verlassend, wandten sie sich gegen Igls und, von den Bauern verfolgt, suchten sie Deckung im Paschberge. Speckbacher setzte ihnen auch dahin nach und wähnte sich schon im Besitz dieser äußersten Waldstufe, als er durch eine feindliche Ersatztruppe sich zum Rückzug gezwungen sah. Da endlich kamen Gasteigers Schützen in Sicht. Gasteiger beobachtete, wie sich eine feindliche Plänklerlinie auf den Feldern zwischen Ambras und Aldrans entwickelte. Ohne einen Schuss zu tun, lies er seine Leute unter lautem Geschrei stürmend vorgehen und schreckte damit den Feind bis zum Ambraser Schlosse zurück. Natürlich schlossen sich ihm dabei die Bauern Speckbachers an. Von Reissenfels' Mannschaft, der selbst in Lans stehen blieb, vereinigte sich die von Hauptmann Welling geführte Kompagnie mit den Tirolern, um, über das hier sanft sich abdachende Gelände hinabjagend, die unter dem Schutze der Burg Ambras stehende Truppe zu attackieren. In das wechselseitige Gewehrfeuer mischte sich der Donner der von den Bayern in den Ambraser Feldern aufgefahrenen Geschütze und der einen Kanone, über welche Welling verfügte. Unter lebhaftem Gefecht fesselten sich beide Teile an die Stellung, die sie augenblicklich inne hatten. Welling und Speckbacher konnten dem stark besetzten, so überaus verteidigungsfähigen Schlosse nichts anhaben, die Bayern mussten auf ein Vordringen auf die von ihren Gegnern behaupteten Feldterrassen verzichten. Gasteiger hatte sich allmählich westwärts gewendet und sich dam Zentrum nähern wollen. In der Nähe des Lemmenhofes, beim Lanser Kreuz, stieß er auf eine bayrische Abteilung, welche er mit raschem Anlauf in die Wiltener Ebene hinab schreckte. Gegen Abend trennte ein starker Regenguss die Fechtenden. 1)

1) Ich halte mich an Maretichs Ausführungen, soweit mir dieselben durch die Quellen belegt scheinen. Das Quellenmaterial für die Kämpfe ist sehr ungleichartig und manchmal, selbst von Zeugen stammend, äußerst unverlässlich. Ein recht drastisches Beispiel sei hier angeführt, es ist eine „Meldung" des Oberleutnants Leis (Leyss) an Teimer über das Gefecht des rechten Flügels am 25. Mai: „24. früh meldete ich mich bei Buol, welcher mich auf Ersuchen Hofers und anderer Tiroler zum Kommandanten über 4000 (!) Mann ernannte und meinem Befehl den rechten Flügel ohne Erteilung einer Information anvertraute. Am gleichen Tag noch übernahm ich das Kommando und rückte, weil für den nächsten Tag der Angriff bestimmt war, bis Matrei vor. Um halb 12 Uhr nachts marschierte ich von da nach Patsch, detachierte einzelne Kommandos, um Hl. Wasser und die Anhöhen von Patsch zu besetzen, schickte Patrouillen längs der Sill, um die fortwährende Verbindung mit dem Zentrum aufrechtzuerhalten, und langte um 5 Uhr früh in Patsch an. Hier erhielt ich genaue Nachricht von der Stellung des Feindes und teilte daher meine Flügeltruppe in drei Kolonnen. Eine, 700 Mann stark, übergab ich dem Hauptmann Speckbacher. Diese marschierte über Judenstein gegen Hall und Volders und war beauftragt, den Übergang des Feindes über die dortigen Brücken zu hindern. Die zweite Kolonne, 1200 Mann stark, übergab ich dem Hauptmann Gasteiger und bestimmte sie dazu, den Feind beim Schloss Ambras anzugreifen und sich in den dortigen Anhöhen festzusetzen und meine Unternehmungen gegen die Sillbrücke zu schützen. Die dritte Kolonne, welche ich selbst kommandierte, entwickelte sich am Paschberg in kleineren Abteilungen durch den Wald gegen die Sill, insgemein Gärberbrücke. Einen Teil von mir detachierte ich über Vill und Igls gegen diese Brücke. In dieser Vorrückung stieß ich beim Rainerhof zuerst auf den Feind, der seine ausgedehnte Front mir ebenso wie ich ihm entgegenstellte. Ich verdrängte ihn aus dieser Stellung, in welcher ich mich festsetzte. Meine erste Kolonne drängte sich unterdessen an die ihr angewiesenen Plätze vor und ich war von der vollkommenen Erfüllung des Auftrages überzeugt. Die zweite Kolonne fasste in und um Ambras festen Posto. Während meines Gefechtes am Rainerhof rückte das unterstützende Bataillon Devaux mit 2 Geschützen unter Reissenfels bis Lans, blieb aber hier stehen, weil es an diesem Tage zu sehr regnete, und kam also nicht ins Gefecht. Dadurch war ich genötigt, auch meine Reserven ins Treffen zu führen, weil ich, um das Gefecht unausgesetzt zu unterhalten, die Schützen kompagnienweise abwechselnd in die nahe gelegenen Häuser und Kirchen zur Abtrocknung ihrer Gewehre und zu frischer ordentlicher Ladung schnell aufeinander abschicken musste. Nur durch eine so geordnete Ablösung war es mir möglich, in diesem hitzigen Gefechte gegen den in der Kriegskunst geübten und stürmenden Feind auszuhalten und zu siegen. Bis ½ 10 Uhr abends bemächtigte ich mich aller dieser Anhöhen um Innsbruck und vereinigte mich jenseits der Sillbrücke mit dem Zentrum. Um 11 Uhr erhielt ich vom Hauptquartier den Auftrag, diesen meinen Flügel zurückzuziehen." Dieser Bericht, eine fast ununterbrochene Kette von Übertreibungen und Unwahrheiten, datiert aus Rattenberg 7. Juni 1809. (Kop. A. G.) Den Entstehungsgrund für diese Dichtung gibt der Schluss des Stückes: „Ich wünsche in dieser meiner Eigenschaft als Kommandant des rechten Flügels, wie ich es zu verdienen glaube, bei einer Relation höheren Orts unter den Ausgezeichneten angeführt zu werden, indem diese meine Auszeichnung einer höheren Rücksicht gewürdigt werden, also auch für mich günstigere Folgen sowohl in bezug des Zutrauens meiner Landsleute als auch meiner Vorgesetzten hervorbringen muss." Die Meldung ist gerichtet an „den wohlgeborenen Herrn Oberstwachtmeister und Oberkommandanten des oberen und unteren Inntals Martin v. Teimer in Innsbruck". Von Teimer also hoffte Leis zu einer Auszeichnung vorgeschlagen zu werden und fabrizierte hierzu den Bericht, dessen gläubige Entgegennahme von Seite des umschmeichelten Teimer um so eher zu erwarten war, als derselbe von den Maigefechten am Isel nichts gesehen hat. — Auch Firler, welcher sich Hofer bei dessen Gang zum Brenner in Stilfes angeschlossen hatte, zeichnet in der „Beschreibung seiner Waffentaten" (J. M.) großsprecherisch auf: „25. Mai schlug Firler den Feind bis Wilten zurück."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 462

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.