465 - Abbruch des Gefechtes


Gewehr als Schlagwaffe gebrauchend, von den Böschungen auf den Feind. In heißem Handgemenge nötigten sie ihn zu Tal. Über die Leichen ihrer gefallenen Brüder schreitend wiederholten die Bayern nochmals den Ansturm, stets mit dem gleichen Misserfolg. Der Regen, welcher die Kämpfenden auf der Ambraser Seite trennte, zwang auch hier zum Stillstand. Deroys rechtsseitige Kolonne sahen wir bereits vor Gasteiger am Lemmenhof entweichen, die linksseitige musste sich mit der Festsetzung am Husslhof begnügen. Der Abend des Gefechtstages fand die Bayern im Besitz der Ebene, die Tiroler im Besitz der dieselbe umschließenden Höhen. 1)

Die Verlustangaben über die Bayern sind schwankend. Die Zahl der Toten betrug 20, die Verwundeten berechnete der General selbst auf 90, eine sonst verlässliche Innsbrucker Quelle auf 200. 2) Die Tiroler und die ihnen zur Seite gestandenen Kaiserlichen sollen an Gefallenen, Verwundeten und Gefangenen 75 Mann eingebüsst haben. Grosse Teilnahme erregte es im Lande, dass auch Graf Stachelburg, der letzte seines Geschlechtes, im Gefechte bei Natters das Leben gelassen. 3)

Zunächst bewirkte der unentschiedene Kampf auf beiden Seiten eine gewisse Niedergeschlagenheit. Deroy war entschlossen, nicht anzugreifen, sondern den Gegner, welchem das von ihm besetzte Terrain zu viel Vorteile biete, in der Talebene zu erwarten. Auch an Munition sah er sich zu wenig. Tröstlich war ihm zu wissen, das Arcos Jägervorposten über Scharnitz bis Zirl streiften, also eine Verbindung nach dieser Seite offen stand; noch tröstlicher, dass einiger Nachschub im Anzug war. Dieser, bestehend aus 1200 Mann und einer Batterie mit sechs Geschützen, traf am 28. in Innsbruck ein. Seinen König versicherte der General, er sei nicht besorgt, werde alle Angriffe abschlagen und sich in Innsbruck behaupten können. Übel gestimmt hörte man aber die Soldaten sagen, gegen ihresgleichen wollten sie gern kämpfen, gegen diese Bauern jedoch,

1) Der Bestand des Waldes reichte damals an der Brennerstrasse vom Bereiterhofe bis zu den am Fuße gelegenen Feldern. Die Bayern ließen die Bäume, die ihnen so unbequem geworden, im November 1809 schlagen.
2) Deroy an den König 26. Mai. M. St. — Knoflach a. a. O.
3) Nach Maretich I, 56 fiel der Graf an der Stelle, wo sich heute die nördliche Einfahrt zum Berg Isel-Tunnel befindet. Da aber die Meraner Kompagnien, in deren Reihen Stachelburg kämpfte, den linken Flügel bildeten, so wird Stachelburg wohl in deren Operationsfelde, also auf den Höhen von Natters, gefallen sein. Nicht unwahrscheinlich lautet Hormayrs Angabe, wonach der Graf, als er mit 24 Algundern trotz aller Warnungen den gerade vor der Frontattacke liegenden Sarntheinhof stürmen wollte, durch feindliche Geschosse niedergestreckt wurde. In Bayern ging das Gerücht, der Graf sei von einem österreichischen Jäger, der es auf sein Geld abgesehen hatte, erschossen worden. Inter. Beitr. z. Gesch. d. Ereig. in Tirol p. 73. So behauptet auch Jordan. Ein Kriegslied, das Stachelburg gedichtet haben soll, in Tir. Stimmen 1881, Nr. 229.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 465

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.