468 – Speckbacher


die Antwort, mit welcher Hofer so gern aufwartete: wo man die Bayern treffe, sie schlagen und zum Berg hinabwerfen. Die Hauptleute fanden das schneller gesagt als getan und setzten sich zu eigener Beratung am Wirtshaustisch zusammen. Mitten im Deliberieren sehen sie die Tür sich öffnen, ein Mann tritt herein „mit Adlernase und markigen Zügen, in Hemdärmeln, die Joppe über die Schulter geworfen". 1) Nach Landessitte besprengte er sich beim Eintritt mit geweihtem Wasser; wer ihn noch nicht kennen sollte, dem sagt er's, er sei der Speckbacher von Rinn. Die Zweifel der Beratenden, wie sie denn das Hinunterwerfen der Bayern am besten bewerkstelligen könnten, beginnt er sogleich zu lösen. Mit einem Stück Kreide — ein solches musste schon des Kartenspieles wegen immer bereit liegen — entwirft er auf dem Tisch den Situationsplan. Für sich übernimmt er die Brücken in Hall und Volders, die anderen Hauptleute müssten den Paschberg und Ambras zu gewinnen suchen, nötigenfalls ihm Hilfe zukommen lassen. Darauf hebt er die abgeworfene Joppe auf und mit einem „B'hüt Gott" ist er aus der Stube. Noch zweifeln die andern, ob es der Mann von Rinn so recht verstehe. Da erscheint Reissenfels, der Oberstleutnant, mit einem Offizier, im Begriff, die Posten zu visitieren; er soll die Kreidezeichnung auf dem Tisch beurteilen. Durchaus richtig, lautete sein Spruch, und nun wurden die Einzelbefehle nach Speckbachers Entwurf ausgearbeitet.

Den Genossen in Patsch hatte Speckbacher nur eine Blitzvisite schenken können, er hatte es eilig. Er wollte in Hofers Hauptquartier selbst informiert sein und zeitlich am Tage in Judenstein eintreffen, um die aufgebotenen Mannschaften um sich zu sammeln. Was er in Patsch angeordnet, fand volle Billigung am Schönberg. Von allem unterrichtet, mit Hoferschen Laufzetteln versehen, nahm er nach kurzem Verweilen Abschied und rannte, begleitet von Firler und Hofers Vertrauten, Johann Ilmer, über den Kerersteg dem Heimatsdorfe zu. Seine und Hofers Werbung brachten Hunderte bewährter Männer zusammen, die seinem Befehle folgen wollten. Um ja das Verlaufen zu verhüten, spendete er den am Judenstein sich sammelnden aus eigenem Keller und Gaden, was er nur hatte an Wein und Fleisch. Es war Hofers Wunsch, dass die anderen Hauptleute am rechten Flügel nach Speckbacher sich richteten. 2) Nicht bloß sein Eifer, auch sein Genie ließ ihn als den gebornen Befehlshaber erscheinen, unwillkürlich huldigte man seinem taktischen Scharfblicke. 3)

1) Maretich I, 87 nach mündlicher Überlieferung, die aber sehr glaubwürdig erscheint.
2) So ist wohl Hofers Zettel vom 28. zu verstehen: „Pöster Herr Straub! sein sie von der giete und Thuen sie sich mit den Herrn Spöck beim Judenstein verstendigen, Ehr weiss alles, aber nur Bei Anbruch des Tages anfangen."
3) E. Johanns Urteil: „Speckbacher ist bei allen seinen guten Eigenschaften ein Konfusionsrat" ist für seine Tätigkeit während des Krieges von 1809 gewiss nicht zutreffend. Johann an Hammer-Purgstall 24. Juli 1819. Mitteil, d. hist Ver. f. Steierm. 37. B. p. 39.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 468

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.