498 – Zahlungsweigerungen


Hormayr mit den Bauern seine Not. An eine Entlohnung für die gebrachten Opfer in Form eines Verfassungsgeschenkes, so wie es Senn meinte, dachten gewiss die wenigsten. Aber in anderer Weise suchten sie Entschädigung. Woran sollte der Bauer denken, als an Steuern, an Steuernachlass? Die einen waren vom Feind direkt geschädigt worden, andere hatten Dienste geleistet, die ihnen, wie sie meinten, der Kaiser sicher entlohnen werde. Da gab es, wie sich der gemeine Mann vorstellte, einen einfachen Weg der Liquidation: wenig oder keine Steuern zahlen. Hormayr selbst hat da eine Unvorsichtigkeit begangen. Er wähnte das Volk zahlungswilliger zu machen, wenn er in seinem ersten Mandate die Entrichtung jener Abgaben ausnahm, welche Bayern gefordert hatte. Die Leute deuteten dies auf völlige Steuerfreiheit. Freilich beeilte sich der Intendant, das Missverständnis zu beheben, und predigte von der Notwendigkeit staatlicher Einkünfte, ohne welche keine Sicherheit und Ordnung, keine Justiz und Polizei, nicht einmal „die dem Dienste Gottes geweihten Einrichtungen" Bestand haben könnten. Aber auch die eifrigste Zusprache verfing nicht allerorts. Es war von nun an bei vielen Ämtern eine ständige Klage, dass die Giebigkeiten nur spärlich einliefen. Und zu strengen Steuerexekutionen waren die Verhältnisse wahrlich nicht angetan. Die Rentämter mussten daher zur Bestreitung des Notwendigsten manchmal zu recht seltsamen Praktiken sich entschließen. 1) Besonders gewisse Steuergattungen stießen auf Widerstand. Höhnisch zogen die Fuhrleute an den Zollstätten vorüber und bedrohten die einfordernden Beamten. Wie schwach die Exekutive dagegen war, zeigt ein Fall in Klausen. Hormayr stellte am dortigen Zollhause eine Korporalschaft als Wache auf, um solche Unzukömmlichkeiten abzutun. Gleich der erste weigernde Fuhrmann wurde angehalten. Er zahlte zwar nicht, aber fügte sich scheinbar gutwillig in den Aufenthalt. Bald kamen andere nach, die es ebenso machten. Als das Dutzend voll war, entlief einer, zog die Sturmglocke, und im Nu waren einige hundert Bauern zur Stelle. Seiner Instruktion gemäß, so schließt der Bericht, ignorierte der Korporal den

1) Als Beispiel sei hier das Protokoll über eine Amtshandlung in Bruneck am 8. Juni 1809 angeführt: Die Gemeindevorsteher dieses Bezirkes erklären, dass die am 6. Juni ausgerückte Brunecker Kompagnie keine Kasse zur Bezahlung der Löhnung besitzt und dass daher jedes Gericht für die von ihm gestellten Leute sorgen muss. Sie ersuchen daher, es möge ihnen etwas vom Geld, das bei einem Gericht erliegt, auf Zeit überlassen werden. Nun liegt beim Gericht Bruneck aus einer jüngst verhandelten Verlassenschaft eine Barschaft von 100 G. zur Aufbewahrung. Damit der Verteidigungsdienst gefördert wird und „weil das Landgericht mit keiner eisernen Truhe versehen ist", ist man bereit, dieses Deposit auszufolgen. Die versammelten Vorsteher bekennen daher, diese 100 G. erhalten zu haben, und haften mit ihrem Vermögen für die Rückzahlung. Unterschrieben sind der Landrichter Joh. Neuner und einige Gerichtsausschüsse. (Ger. Akt. Bruneck, J. St.)



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 498

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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