516 - Hormayrs Zurückweisung


Ungeduldig harrte Utzschneider einer Antwort, es kam keine. Wieder griff er zur Feder. Des Intendanten Anstrengungen zur Beschaffung der Mittel und zur Organisierung der Verteidigung, so lautete das Kompliment hätten ihn mit Bewunderung erfüllt. Aber nichts von dem könne zu einem Erfolge führen, neue Armeen habe der Imperator nach Deutschland in Bewegung gesetzt, das, wenn nicht bald der Friede erscheint, zur Wüste werden müsste. Hormayrs Schriften seien voll von Liebe zur Menschheit; so möge denn der gelehrte Verfasser der Welt ein großes Beispiel geben, dass er Tirol wahrhaft liebt. Nie mehr könne das Land an Österreich zurückkommen, also bringe es Hormayr ohne Blutvergießen wieder an Bayern. „Lesen Sie meinen Aufruf, er ist gut gemeint. Mir ist bang, dass der große Geschichtschreiber im Sturm, den er zum Teil selbst aufregte, untergehe." Exzesse, wie bei der Belagerung Kufsteins oder bei den Ausfällen nach Bayern, wodurch schuldlose Leute unglücklich gemacht werden, sollte der Intendant hintanhalten, „sie führen kein militärisches Resultat herbei, erbittern nur unnütz" und würden dem Chef der gegenwärtigen Leitung in Tirol beigemessen. 1)

Hormayr hatte nicht bloß die beiden an ihn gerichteten Schreiben erhalten, sondern war auch zur Kenntnis des im Lande herumfliegenden Utzschneiderschen Proklams gelangt und in den Besitz mehrerer Briefe, welche einzelne vom Salinendirektor bekommen hatten. Da hielt er es an der Zeit, zu antworten, privatim und öffentlich. In vornehmer Art, aber nicht ohne malitiöses Beigemenge, bestätigte er dem Briefschreiber Einsichtnahme in die Stücke, die derselbe ihm und andern „unerschütterlichen Patrioten" zu widmen sich die unfruchtbare Mühe genommen. Darauf gebe es nur eine Erwiderung: der bayrische König möge zur Zahl seiner genialen Staatsmänner noch recht viele besitzen, die ihm unter jedem Wechsel der Ereignisse so unbeugsam dienen, wie er, Hormayr, „aus Pflicht und aus Wahl" dem österreichischen Kaiserhause, dann werde den Wittelsbachern das Schicksal der spanischen Bourbonen noch einige Zeit erspart bleiben. Ausschreitungen zu verhindern, habe er sich stets angelegen sein lassen. Anders die Bayern. Ein österreichischer General wie Buol „würde erröten, irgendwo zu dienen, wo solche Taten begangen worden, dergleichen wir in der Mitte unserer freiheitsstolzen Täler vom 13. bis zum 29. Mai erlebt haben". 2)

1) Ders. an dens. 3. Juli.
2) Hormayr an Utzschneider 11. Juli, abgedr. bei Hormayr II, 265. Im Original (M. St.) stehen beim Namen Buol noch die Worte „von welchem ich vollständig abhänge, was nicht allein die Ziviladministration betrifft".



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 516

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.