517 - Utzschneider und Teimer


In schrilleren Tönen ergeht sich ein öffentliches Ausschreiben Hormayrs gegen Utzschneiders Werbungen. Viermal habe derselbe an ihn geschrieben und ihm die Stelle eines Landes-Chefs angeboten, wenn er zum Verräter werden wollte. „Ich, der ich der Geschichtsschreiber eurer alten Freiheiten bin, will und kann nicht eine neue Unterdrückung erleben. Den Bayern darf man nicht trauen, sie sind längst wortbrüchig geworden. Jeder Verkehr mit dem Feinde ist strengstens untersagt. Jetzt nennen sie euch wieder Tiroler, früher haben sie euch nur Südbayern genannt und als Wilde hingestellt." 1) Roschmann ließ in den unterinntalischen Grenzorten verkünden, die Entgegennahme und der Transport Utzschneiderscher Schriften sei schwer verpönt. Pfarrer bekamen noch besondere Warnungsschreiben. 2) Ein Briefbote des Direktors ward entdeckt und von Roschmann nach Innsbruck eingeliefert mit einem Begleitschreiben: „Der Elende mag sich noch glücklich schätzen, dass er nicht der gerechten Volkserbitterung preisgegeben wird." Solch lärmende und unzweideutige Zurückweisungen hinderten nicht die Fortsetzung der Versuche. Neben dem erneuerten Angebot eines Generalkommissariates in Tirol oder sonst wo in Bayern soll es Utzschneider auch mit Geldbestechung bei Hormayr versucht haben. Derselben Inspiration entsprang schließlich auch noch ein Brief des in München zurückgehaltenen Roger Schranzhofer, welcher, bei seinen Geschichtsstudien schon lange mit Hormayr in Verbindung, bei ihm, wenn auch „in aller mysteriöser Geschraubtheit", die bayrischen Anträge wiederholte.

Bei den wenigsten machten Utzschneiders Worte Eindruck. Es brauchte kaum der von den Intendanten erlassenen Verbote, um die meisten Briefempfänger zur Übergabe der verdächtigen Kontrabande an ihre Vorgesetzten zu veranlassen. 3) Freilich in jener singulären Grenzgemeinde Thiersee, wo bayrische Gesinnung dominierte, fand Utzschneider mit seinen Schriften Anklang. 4) Sonst verlautet nur noch, dass sich Roschmann bewogen fand,

1) 10. Juli, gedr. In seinem Bericht an Zichy (19. Aug.) widmet Hormayr dem Salinendirektor die Stelle: „Die Bayern wussten, wer ihnen in Tirol gefährlich sei. Nach meuchelmörderischen Anschlägen gegen mich versuchte Utzschneider mich zu gewinnen. Ich habe ihm erst auf den zweiten Brief würdig geantwortet. Ich kannte diesen parvenierten Millionär schon seit Jahren. Einst war er feuriger Illuminat, dann Verräter der Illuminaten und Proselyt des Pater Frank, ein Schützling Karl Theodors und dann dessen erster Frondeur, ein Herold der deutschen Republik im Jahre 1800, als Moreau in München war, und dann der Trabant des drückendsten Despotismus und der Universalmonarchie Napoleons. Um seine Zudringlichkeiten abzuweisen, erließ ich Zirkularien gegen ihn."
2) Ein solches an den Pfarrer in Reiterwinkl v. 14. Juli. M. St.
3) Kolb sendet an E. Johann 6. Juli einen Utzschneiderschen Aufruf, den ihm der „als rechtschaffenster Weltbürger bekannte" Oberhuber in Lienz ausgeliefert hat. J. M.
4) Der Bauer beim „Höcken" Josef Hecht in Thiersee schreibt an den Vikar in Audorf: „Der von Ihnen mir geschickte Aufruf gefällt uns. Ich will ihn verbreiten. Wäre es denn nicht möglich, das Unterinntal oder ganz Tirol neutral, zu erklären während des Krieges? Der Krieg soll entscheiden. In der Zwischenzeit könnten die Stände das Land verwalten, in welchem kein Teil Truppen halten sollte. Wäre es nicht möglich, dies vom König zu erbitten?" M. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 517

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.