529 - Aschbacher im Achenpass


die er beim Erscheinen des bayrischen Generals verfügte, nicht standhalten; genötigt zu eiliger Flucht, musste er selbst seine Papiere in Feindeshand geraten sehen. Bei einem Ausfall Aichers (2. Juli) sah er sich mit 50 Mann selbst förmlich umzingelt und musste sich durch seine Genossen, die ihm vom Pulverturm zu Hilfe kamen, heraushauen lassen. 1) Aber solche blutige Lektionen machten die Bauern nicht irre. Wenn auch momentan aus ihren Stellungen vertrieben, nahmen sie dieselben immer wieder ein und setzten leichten Herzens, so gut es eben ging, die Blockierung fort. 2) Eines Tages dröhnten hundert Kanonenschüsse, ohne Kugeln zu werfen, aus der Festung ins Tal. Sie verkündeten Napoleons Sieg bei Wagram, welcher auch dieser zweiten Umschließung bald ein Ende setzte.

Westwärts von Kufstein, im Revier des Achenpasses, war Aschbacher ununterbrochen am Platz und beunruhigte mit Ausfällen, bei denen es namentlich auf Getreide und Viehrequisitionen abgesehen war, die bayrischen Angrenzer. Auf die Nachricht, dass die Bayern die in ihrem Lande auf Dienst oder Handelschaft anwesenden Tiroler ohne jeglichen Rechtsgrund einsperrten, schritt Aschbacher zu Repressalien, indem er bei den Requisitionszügen auch Bauern aus Bayernland nach Tirol schleppen ließ. Diese zu befreien, gab sich Graf Preysing in Miesbach alle Mühe und brachte es denn auch nach längeren Verhandlungen zu gegenseitigem Austausch, der am Grenzstein stattfand. Aschbacher und Preysing trafen sich daselbst, der Tiroler in voller österreichischer Uniform, die ihn begleitenden Hauptleute mit großem schwarzgelben Portepee an ihren Säbeln. Mit größtem Misstrauen begegnete man sich. Der gräfliche Landrichter meint schon, es sei ihm ein Hinterhalt gelegt und fasst Aschbacher unsanft am Arm, um ihn seiner Begleitmannschaft zu überliefern, als dieser seinen Bauern befahl die Grenze nicht zu überschreiten. Preysing fand

1) Sieberers Interzepte liegen in M. St. Unter diesen Stücken fanden die Bayern eine Meldung „des Klausners von Kiefersfelden" vom 2. Juli, worin er anzeigt, erfahren zu haben, dass die Bayern die folgende Nacht angreifen werden. Darauf erfolgte der königliche Befehl, den „Klausner" (Einsiedler) gefangen zu setzen. Vom Generalkommissariat Burghausen wurde aber die Aufklärung, dass in Kiefersfelden nie ein Einsiedler existiert habe, sondern der Wirt in der Klause gemeint sei, den man aber erst erreichen könne, wenn einmal keine Tiroler mehr vor der Festung liegen.
2) Man sieht es den Briefen der vor Kufstein liegenden Bauern an, dass sie das, was ihnen dort begegnete, nicht schwer nahmen. So schreibt Hauptmann Anreiter: Die Bayern näherten sich der Festung, aber es waren nur 900 Mann, welche die in der Festung liegenden Kranken fortführten und frische Truppen hineinlegten. J. M. Major Aicher verzeichnete in seinem Tagebuch a. a. O. zum 25. Juni: „Einige Aufständische sah ich in der Klause Kegel schieben. Sogleich wurde ein Geschütz gegen sie abgefeuert, und sie ließen sich den ganzen Tag nicht mehr sehen."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 529

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.