546 - Befehl an Lefebre


diktiert hätte, unterweist ein kaiserlicher Brief den Herzog von Danzig über die Art, wie er vorzugehen habe. Haben sich auch die Leute unterworfen, so tadelt es doch Napoleon, dass nicht Strafe geübt wurde: „Meine Absicht ist, dass Sie bei Empfang des Gegenwärtigen in den tirolischen Bezirken 150 Geiseln fordern und wenigstens sechs große Dörfer sowie die Häuser der Führer plündern und niederbrennen lassen und dass Sie erklären, das Land würde in Blut und Eisen aufgehen, wenn nicht alle Gewehre, wenigstens 18 000, abgeliefert würden." 1) Nachdem, was bisher vorgefallen, sei zu fürchten, dass sich Lefebre „von dieser Canaille" betrügen lasse, welche, während er ihr den Rücken zeige, von neuem beginne. Franzosen und Bayern seien ermordet worden, das schreie nach Rache. Nochmals legt der Wütende seine Ordre wegen der Geiseln und der Einäscherung ans Herz. Diese soll so gründlich sein, dass auch nicht eine Spur der betroffenen Orte übrig bleibt, damit dieselben ein Denkmal seien für die an den Bergbewohnern genommene Rache. „Sie haben die Macht in Händen, seien Sie schrecklich und handeln Sie so, dass man einen Teil der Truppen aus dem Lande ziehen kann, ohne fürchten zu müssen, dass sie wieder anfangen. Ich erwarte zu hören, dass Sie sich nicht in eine Falle locken ließen und dass mein Waffenstillstand nicht umsonst ist." 2)

Durchzuckte also die Seele des Volkes doch eine richtige Ahnung, als es sich sträubte, die Waffen abzulegen?

1) Bezüglich der Österreicher in Tirol lautet Napoleons Weisung: „Was diese anlangt, so sollen Sie ihnen Zeit geben sich zu erklären, ob sie den Stillstand gemessen und Tirol räumen wollen. Weisen sie es zurück, so sollen Sie an ihnen Strenge üben wie an Leuten, die der Regierung nicht gehorchen." Und dann wieder: „Quant aux Autrichiens, je vous ai fait connaitre mes intentions. Ils doivent avoir connaisance de l'armistice; ce sont des gens d'une insigne mauvaise foi; ils n'ont pas que trop de relations avec le quartier général autrichien. Pas de parlementage! S'ils n'évacuent pas promptement le pays, faites-les arrêter. Ce sont des espèces de brigands; ils ont autorisé les massacres."
2) Die erbitterte Stimmung in Bayern äußerte sich in mehreren Flugblättern. Ein solches, datiert vom 20. Juli (gedr. in München, 6 Seiten, verf. v. J. C. St.) spricht in Versform die Tiroler an:

Verfluchtes Volk! Wohin ?
Blick auf und schaudre zurück!
Er kommt nicht mehr, versäumst du ihn,
Der Rettung letzter Augenblick.
Dich führt dein Wüten und dein Toben
Nicht weiter als den wilden Stier
Sein Freiheitswahn.

Am Schluss:

Tiroler seht!  Die Hölle öffnet euer Grab,
Stürzt euch darein, hinab! Hinab! hinab!

Ganz ähnliche Ergüsse in den „Beobachtungen u. hist Samml. aus d. Krieg 1809" (gedr. im Juli 1809) p. 130 ff.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 546

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.