548 - Zug über Werfen


zerstreuten sich, Gruber blieb als Geisel an der Seite Lefebres.1) Dieser zog noch am selben Tage unbehelligt nach St. Johann, wo sich die Vertreter aller sieben Gerichtsviertel vor ihm stellten, um Gnade baten und Waffenauslieferung antrugen. Der Marschall verpfändete darauf sein Wort, dass dem ganzen Gericht kein Leid geschehen soll. 2) Eingedenk jedoch der schrecklichen Maitage hielt sich die Bevölkerung scheu entfernt von ihren Wohnungen, so dass die Vorrückenden die Dörfer völlig leer trafen.

Die mühelose Überschreitung des Strubpasses war für die tirolischen Besatzungen in Hirschbüchel und Luftenstein das Zeichen zur Räumung. Dasselbe geschah vor Kufstein. Die blockierende Mannschaft löste sich auf, Hauptmann d'Esquille sputete sich, den Anschluss an die abziehenden Österreicher nicht zu versäumen, ihn begleiteten Sieberer und Speckbacher. Bewegter gestaltete sich die Annäherung Deroys an die tirolische Grenze. Wallner hatte nicht vergeblich die letzten Wochen hindurch agitiert. Am 23. war er mit einer Schar Tiroler und Pinzgauer wieder in Werfen erschienen, hatte Siegesnachrichten verteilt und versichert, die Bayern hätten selbst den Waffenstillstand aufgekündet. Damit suchte er die zögernden Pongauer zum Anschluss zu bewegen. Nachdem er den Pass Lueg besichtigt, legte er eine Besatzung unter Hauptmann Strucker ins Schloss Werfen. 3) Ein Teil der Division Deroy unter General Siebein verließ schon am 24. Salzburg, um den vorgeschriebenen Marsch nach Tirol anzutreten. Man versuchte es mit gütlichen Mitteln, die Öffnung der Sperre am Lueg zu erwirken. Hiezu bot der frühere Bischof von Chiemsee, Graf v. Zeil, als Mitglied der für Salzburg eingesetzten Landesadministration, seine tätige Mithilfe an. Im Besitz eines von Lefebre ausgestellten Generalpardons ging er, begleitet vom Regierungsrat Fellner, der bayrischen Truppe voraus und brachte es außerhalb Golling bei der sogenannten Tuscherbrücke zu einer Besprechung mit Offizieren der bäuerlichen Besatzung

1) Schauroth a. a. O.: „Imposant zeigte sich der Feind auf Felsen sitzend, die Büchsen quer über die Beine gelegt. Aber es dauerte nicht lange, so erschienen drei Offiziere der Tiroler in Nationaltracht mit dem österreichischen Portepee beim Marschall, um wegen der Übergabe zu verhandeln. Sie forderten nur, dass das Armeekorps sich erst eine Stunde nach Räumung des Passes in Marsch setze. Das wurde ihnen gewährt. So kamen die Unsrigen in den Besitz des Passes, der im Mai große Opfer gekostet hatte." Dar. auch Werenspachers Tagebuch und Wörters Bericht a. a. O.
2) Darauf bezieht sich der ob. zit. Tadel Napoleons. Lefebre hatte beim Auszug aus Salzburg alle Ausschreitungen untersagt. S. seinen Tagesbefehl bei Steger, a. a. O. p. 168.
3) Tagebuch des Richters Francisci in Werfen. M. K. Jakob Struckers Aufruf an das Gericht Werfen: „Der Feind sammelt sich in Salzburg und ist im Begriff auf seiner Retirade von Österreich her. Der Waffenstillstand ist erdichtet. Überall in Pongau hat sich der Landsturm bereitzuhalten, um nach Lueg und Abtenau vorzurücken." Ebend.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 548

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.