551 - Lefebre in Innsbruck


Kronenwirt wollte er als Geisel haben. Straub hatte sich von Volders auf die Berge geflüchtet. Nichts Gutes ahnend hatte er auch seine Frau aufgefordert, bei Zeiten gegen den Brenner, nach Schönberg, zu retirieren. Die tapfere Frau hielt Stand und erwartete den Feind in Straubs Hause. Dieses wurde den Soldaten zur Plünderung überlassen, und der Marschall stieß die Drohung aus, er wolle Straubs Gasthaus niederreißen und einen Galgen für denselben darauf errichten lassen. 1) In Hall vereinigte sich Arco, dessen Korps mit den jenseits des Flusses marschierenden Divisionen von Jenbach an gleichen Schritt gehalten, mit Lefebre und hatte für diese Stadt die Besatzung zu bilden.

Am Abend des 30. Juli zog Lefebre in Innsbruck ein. Die glühende Sommerhitze hatte der Armee so zugesetzt, dass sich die Hälfte der Avantgarde marod meldete. Über das Betragen der Truppen auf dem Wege bis Innsbruck gehen die Überlieferungen auseinander. Wird auf tirolischer Seite über mehrfachen Raub geklagt, 2) so wird demselben ein General vom Schlage Lefebres kaum gewehrt haben. Dagegen versichert Raglovich unmittelbar nach der Ankunft in Innsbruck, die Mannschaft habe sich trotz großer Entbehrungen aller Ausschreitungen enthalten. 3) Vielleicht gilt dieses Wort auch nur von seiner Division. Die letzten österreichischen Soldaten, die von Scharnitz abzogen, hatten sich so verspätet, dass 60 Mann mit zwei Offizieren 4) am Berg Isel von den Dragonern des bayrischen Vortrabs gefangen wurden.

Für Innsbruck war dieser 30. Juli wieder einer jener aufregungsvollen Tage, wie sie dieses sturmbewegte Jahr wiederholt über die Stadt brachte. Seit den Morgenstunden durcheilten Flüchtlinge aus Unterinntal die Stadt, um sich vor dem Feinde in den nächstgelegenen Hochtälern, wie Sellrain oder Stubai, zu verbergen — eine unerwünschte Sommerfrische. Fluchend über die bayrisch gesinnten Herren zogen die abgedankten Bauern heimwärts. In den wenigen Stunden zwischen dem Abrücken der Österreicher und der Ankunft der Bayern hatte sich schon lichtscheues Gesindel hervorzuwagen begonnen, um dann freilich beim Anblick des ersten

1) Korrespondenz zwischen Straub und seiner Frau in dessen Selbstbiographie. Kinder, Wertsachen, Schriften, Geld und Waffen hatte die Frau teils nach Schönberg, teils zu Bauern in Volderberg (Walder, Vaulinger und Hofchristl) geschickt. Man glaubt es der armen Straubin, wenn sie nach Ankunft der Franzosen ihrem Mann (31. Juli) schreibt, sie wisse nicht mehr, wo ihr der Kopf stehe. Aber schau nur, setzt sie bei, dass sie dich nicht bekommen.
2) So die Franziskanerchronik in Schwaz (benützt, aber nicht zitiert von Rapp).
3) Raglovich an den König, 31. Juli. M. St. Eine Zivilkommission meldet dem König: „Die Division Kronprinz, die bisher mit dem Feinde nichts zu tun hatte und daher keine Erbitterung kennt, hat infolgedessen auch keine Exzesse verübt." Was also an Ausschreitungen vorkam, wird auf Rechnung der Division Deroy zu setzen sein.
4) Hauptmann Imer und Fähnrich Quais.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 551

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.