555 - Erste Untersuchungen


Vorwürfen über das späte Erscheinen empfing ihn der Marschall, aber bereitwillig räumte er für Rechberg einige Zimmer der Hofburg. Viel zugute tat sich Lefebre auf sein diesmaliges rasches Vorrücken. Dipauli und Lerchenfeld begrüßte er mit den Worten: „Ha, Ihr Herren dachtet nicht, dass ich so schnell nach Innsbruck kommen würde!" 1) Diese Worte sprach er am Vormittag des 5. August. In der Mittagsstunde rückte er mit einer Division dem Brenner zu. Eine kleine Affäre, so ward ausgegeben, sei dem Sachsenkorps an der Ladritscher Brücke begegnet.

Nach zwei Tagen langte Rechberg mit den andern Mitgliedern an, die Kommission konnte ihre Tätigkeit eröffnen. Bis dahin hatte Lefebres Komitee die Landesregierung dargestellt. In Befolgung des Strafmanifestes machte es sich an die Einsammlung der Waffen. Nach seiner Weisung leitete Aicher im Bezirk von Kufstein, Oberndorf in Rattenberg, Arco in Hall die Entwaffnung. Das Ergebnis war nicht zufriedenstellend. Man brachte den Kommissären einige hundert Stück Gewehre von solcher Beschaffenheit, dass sie annehmen mussten, sie seien, weil eben unbrauchbar, niemals verwendet worden. Die besseren Stücke wurden trotz aller Drohungen sorgfältig geborgen. 2) Von den durch Lefebre Vorgeforderten war zunächst niemand zur Hand als die in Innsbruck wohnenden Sarnthein und Peer. Mit ihnen begannen die Verhöre. Peer berief sich darauf, dass er auf Befehl Hormayrs an der Schutzdeputation teilgenommen; Sarnthein konnte sich ausweisen, dass er ausschließlich seinem richterlichen Berufe gelebt habe. Die Kommissäre gewannen bald den Eindruck, dass der eine nur wenig, der andere gar nicht graviert sei. Und einer von ihnen war loyal genug zu erklären: wenn auch Graf Sarnthein aus seiner österreichischen Gesinnung kein Hehl mache, so sei das eben nur Gesinnung, aber nicht ein ahndungswürdiges Faktum. 3) Soviel war der Kommission bald klar, dass ihr diese beiden Herren völlig grundlos als Insurgentenchefs bezeichnet worden waren. Auch Hausdurchsuchungen wurden gehalten, im Quartier Hormayrs glaubte man interessante Funde gemacht zu haben.

Eigentlich viel wichtiger war eine andere Seite der Tätigkeit des Regierungskomitees. Die Ankunft von drei Divisionen erneuerte den schon im Mai verspürten Übelstand, sie bereitete große Schwierigkeiten in der Verpflegung. An Brot und Fleisch entstand fühlbarer Mangel.

1) Weinbach rät dem König, Lefebre über sein selbstgerühmtes rasches Vordringen in einem Schreiben Elogen zu machen.
2) Weinbachs Bericht an den König 5. Aug. (M. St.), welcher Dipaulis Darstellung in erwünschter Weise ergänzt. — Mit diesem Bericht sendet Weinbach dem König zwei Bilder des „berüchtigten" Hofer: „Sie sind nach der Versicherung der Leute, welche ihn selbst kennen, sprechend ähnlich." (Es waren Kopien des bekannten Porträts von Schädler.)
3) Weinbach a. a. O.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 555

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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