557 - Reibungen zwischen Franzosen und Bayern


es mit harten Worten und äußerte seine Bewunderung über die Standhaftigkeit der Unglücklichen, welche festen Schrittes und ohne zu erbleichen ihren letzten Gang zurücklegten. Der Priester, welcher sie begleitete, erinnerte, da sie niederknieten, an den Brauch, die Augen mit einem Tuche zu verbinden. Gehorsam suchten die Bauern nach einem solchen in ihren Taschen. Keiner trug eines bei sich, dafür nahmen sie ihre lodenen Joppen und schlugen sie über das Haupt, worauf die Schüsse knallten. Einer der Umstehenden widmete den Gefallenen die Worte: „Sie starben wie Helden, so tapfer sterben Schuldige nicht." 1) Für die folgenden Tage erwartete man noch weitere Todesurteile. Wer künftig, so meinte der Bayer Weinbach, dieser Kommission, welche den Diktaten Drouets folgen muss, übergeben wird, wird schwerlich mit dem Leben davonkommen, sie ist, wie mir scheint, nur da, um als Deckmantel zu dienen für die Rechtmäßigkeit der Todesstrafen. 2) Napoleons Brief an seinen General war in Innsbruck eingetroffen, wo geschrieben stand: Seien Sie schrecklich!

Wie mag bei solchem Vorgehen dem anwesenden Dipauli das Herz geblutet haben, dem strengen Juristen und dem Landessohne, der trotz allem, was vorgefallen, mit seiner Heimat und mit seinem Volke fühlte. Und klang vielleicht die Aufgabe, welche seiner, der königlichen Kommission gestellt war, menschlicher? Nach Rechbergs Ankunft schritt die bayrische Hofkommission an die Entwerfung eines Patentes, wie es die ihr mitgegebene Instruktion vorschrieb. Da ist nun sehr bezeichnend, wie diesen Entwurf General Drouet aufnahm. Er fand ihn ganz und gar unangemessen. Wenn es sich um Strenge handelt, erklärte er, so wird schon das Militär sorgen; Sache der Hofkommission sei es, mit Milde vorzugehen. Lefebre hatte in seinem Ausschreiben nur die Stellung der Führer gefordert, der einzige Teimer war von der Amnestie ausgenommen; denn nur die lebenden, nicht die toten oder geflüchteten Häuptlinge konnten als Geiseln dienen. Auch von einem schrankenlosen Schadenersatz, wie er in München aufgetragen worden war, hat Lefebre nicht gesprochen. Mithin lauteten die bayrischen Weisungen noch viel drakonischer als die französischen. Die Herren aus München mussten sich von den Franzosen die Frage entgegenhalten lassen, ob sie sich durch übertriebene Strenge noch verhasster machen wollten. Zwischen Bayern und Franzosen gab es gereizte Auseinandersetzungen. Der Marschall ließ der Hofkommission sagen, von einer Zivilbehörde lasse er sich sein Militärgericht nicht beschränken

1) Knoflach a. a. O. Auch Dipauli betont, dass wenigstens einer der beiden unschuldig war und beruft sich auf die spätere Aussage des Richters Bohonowsky in Schwaz. Nach dem Anblick der Exekution notiert Knoflach: „Das Elend des Landes geht mir sehr nahe. Liebe Landsleute, was wird noch aus uns werden?"
2) Weinbach an den König, 7. Aug.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 557

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.