561 - Hormayrs Abzug


haben, wie der Intendant, in dessen Begleitung er einst schönere Tage geschaut, in aller Stille an Lienz vorbeihuschte.

Hormayr eröffnete den Reigen jener, die, nachdem ihnen der Waffenstillstand zweifellos war, dem Lande den Rücken kehrten. Am 28. verließ er Brixen und eilte durch Pustertal, nicht, wenn man seiner Erzählung glauben darf, unbeanstandet von den Bauern. 1) Seine letzten Geschäfte, finanzieller Natur, sind etwas fraglicher Art. Am selben Tage, da er sein Bündel schnürte, suchte er noch unter Drohungen vom Bozener Handelsstande durch den Kriegskommissär Sternfeld ein Darlehen von 40 000 G. zu erpressen. Es wurde ihm rundweg verweigert. 2) Argen Verdruss bereitete der Intendant noch dem Finanzrat Rapp. Dieser hatte im Juni ein freiwilliges Anlehen aufbringen müssen und die Erlaubnis erhalten, als Sicherstellung eine von Hormayr im Namen des Kaisers ausgestellte Obligation anzubieten. Der Intendant verschleppte die Ausfolgung des Papiers unter dem Vorgeben, dass es noch immer nicht die auch von Buol geforderte Unterschrift trage. Rapp aber wollte vor den Gläubigern „keine schlechte Figur spielen" und das Geschäft noch vor Hormayrs Entfernung bereinigt wissen. Er wollte den Intendanten in Brixen aufsuchen (29.), der war schon abgereist. Rapp eilte ihm nach bis Lienz, auch da war Hormayr nicht mehr zu treffen. 3) Die Reise ging weiter.

1) Hormayrs Bericht (an Zichy 15. Nov.) über seinen Abzug ist nur mit Vorsicht zu benützen. Seine Erzählung, dass ihn oder Leiningen Hofer in Lienz habe zum Herzog von Tirol ausrufen wollen mit der Drohung, Hofer würde sich sonst selbst als Graf von Tirol den Sachen unterziehen, „so lang es Gott gliebt", klingt höchst unglaubwürdig. Dass seine Reise von den Bauern durch gewaltsame Zurückschleppung von Lienz nach Sillian eine bedeutende Verzögerung erfahren, ist, wie die Begegnung mit Rapp zeigt, auch wenig wahrscheinlich. In seinem Bericht v. 1815 sagt Hormayr, in Lienz sei auf ihn und österreichische Offiziere geschossen worden; nur der List des Hauptmanns Stainer sei es zu danken gewesen, dass er selbst, die Kriegsgefangenen und das Geschütz vor „dem anarchischen Toben der Menge" gerettet wurden. Andererseits gedenkt Hormayr eines Befehles Berthiers an Rusca, Schönbrun 18. Juli, wonach man sich des Intendanten „wenn es auf gute Art und ohne offenen Bruch des Waffenstillstandes geschehen könnte", bemächtigen sollte.
2) Hormayr berichtet darüber nichts. Aber die Tatsache berichtet der unbedingt glaubwürdige Hepperger a. a. O. Von anderen jedenfalls nicht mehr finalisierten Geldgeschäften meldet ein Schreiben Schneeburgs vom 28. Juli (M. St. Cop.) an Anreiter. Schneeburg sendet dabei Briefe für Hormayr, welche ersterem „der Kurier" übergab, „speziell solche über die Vermittlung der 75 000 G. in Tratten auf Augsburg und Hamburg durch die Person des Dr. Schneider in Vorarlberg unter richtiger Übergebung dero Wechselschreibens dato Leipzig, 2. Juli 1809." Dann heißt es noch weiter: „Für die so glückliche Negoziation der englischen Aushilfsgelder, worüber Hormayr die Einleitung treffen und an Sie empfehlend dirigiren wird, versichere ich Sie des Dankes des ganzen Landes." Die hier erwähnten 75 000 G. sind wohl dieselben, deren ob. p. 378, Anm. 3 gedacht ist.
3) Dies alles nach Knoflach, welcher Rapp auf der ganzen Reise begleitete. Im Gegensatz zu Hormayr, der von wütenden Bauern erzählt, versichert Knoflach, sie hätten auf der Hinreise ganz Pustertal ruhig getroffen, weil der Waffenstillstand erst am folgenden Tag verkündet wurde.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 561

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.