562 - Andere Auswanderer


In Sachsenburg wurde der Freiherr erreicht, da er eben tafelte. Rapp brachte gleich sein Anliegen vor. Hormayr entschuldigte sich, die Schuldurkunde nicht bei der Hand zu haben, sie werde verloren gegangen sein. Dem ließ sich abhelfen. Der Finanzrat verschaffte sich Schreibzeug und verfasste ein neues Formular. Aber nun begann der Schreck. Der Intendant verweigerte die Unterschrift, denn er wisse von allem nichts. Rapp bat und beschwor, Hormayr schien unerbittlich. Kalt brach dieser das Zwiegespräch ab und zog sich in ein anderes Gemach zurück, um nach Tisch der Ruhe zu genießen. Sechs peinliche Stunden harrte der Finanzrat vor dem Zimmer, es war wie eine Blockierung des hartnäckigen Weigerers. Endlich brach das Eis, Hormayr trat heraus und gab ohne weitere Umständlichkeiten Unterschrift und Siegel. 1)

Hormayr setzte mit anderen Flüchtlingen wie Roschmann, Menz und Postverwalter Kugstatscher die Reise fort. Dass seine Rolle in Tirol ausgespielt sei und unheilvolle Tage über das Land hereinbrechen werden, darüber hatte er keinen Zweifel. Am 10. August meldete er sich beim Erzherzog für den nächsten Tag zur Audienz. Der Waffenstillstand, so bekennt der Hoffnungslose, gibt dem Feind einen solchen Vorsprung, dass die Erneuerung des Krieges nur durch verwegene Hoffnungen und täuschende Voraussetzungen möglich erscheint. 2) Er vermutete, Lefebre

1) Hormayr schreibt über diese Episode: „Ich sollte mit meiner Unterschrift dem freiwilligen Anlehen dieselbe Sicherheit geben wie dem forcierten. Ich stellte beharrlich vor, dass eine solche nachträgliche Erklärung unter den jetzigen Verhältnissen ein Unding wäre und dass ich, da ich keine Papiere mehr habe, auch nicht wissen kann, wie viel von jenem Anlehen eingekommen ist. Aber unter dieser tumultuarischen Lage bequemte ich mich zur Unterschrift, die aber schon an sich eine Nullität war, weil ich sie nur ausstellte unter der Bedingung, dass der ganze Betrag (30 000 G.) einkommt Sollte diese Obligation präsentiert werden, so hat Österreich dafür jedenfalls keine Bezahlungspflicht. Ich kann überhaupt gar nicht schildern, wie viele carte bianche mir in jenen schrecklichen Tagen vorgelegt wurden zur Unterschrift, weil jeder eine Garantie haben wollte. Freilich muss ich auch zugeben, dass jenes vollständige Vergessen auf Tirol beim Abschluss des Waffenstillstandes selbst den gewalttätigsten Zudringlickeiten zur Entschuldigung dienen kann." (An Zichy.) Der Vorfall in Sachsenburg erfüllte Rapp mit einem Stachel gegen Hormayr, der auch in dem Buche „Tirol im Jahre 1809" oft genug sich bemerkbar macht. Auch die Aufzeichnungen, welche Rapps Begleiter Knoflach machte, tragen den Stempel der Erregung an sich. „Der Niederträchtige", „der Schurke", so wird der Intendant betitelt. Was würde Rapp erst gesagt haben, wenn er gewusst hätte, dass Hormayr eine österreichische Geldsendung für Tirol in Sachsenburg erhob und mit sich nahm!
2) Hormayr an E. Johann, Pettau 10. Aug. J. M. Über seine fernere Tätigkeit notiert Hormayr in seinem Reisejournal: „13. Aug. Czakathurn (beim Erzherzog), von da nach Warasdin. Zur Erstattung von Vorschlägen im Fall des Wiederausbruchs des Krieges fünfmal nach Czakathurn (15., 16., 18., 19., 20. Aug.) berufen. 21. Aug. von Czakathurn mit Depeschen nach Totis gesendet. 24. und 27. .Aug. von Totis nach Komorn zum Minister Zichy. 11. Sept. von Totis abgeschickt."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 562

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.