569 - Hofer bei Sterzing


der natürliche Sinn dem Sohn der Berge. So war es im Tale der Drau, genau so im Tale des Eisack und des Inn. Überall handelte man gleich, ohne dass ein Teil vom andern wusste. Niemals hat sich die instinktive Taktik des Gebirgsschützen einheitlicher gezeigt und glänzender bewährt als in diesen Tagen.

Hofer war am 31. Juli auf der Fahrt ins Eisacktal begriffen. Schmerzlich bewegt sah er seine emigrierenden Landsleute an sich vorübergehen. Aber eine Tat, und zwar von großer Tragweite, ist ihm da gelungen, er hat dem Lande seinen Speckbacher erhalten. Gegen Mitternacht erreichte er Mauls, wo er den letzten Trupp der Taxisschen Mannschaft traf. Wieder kam das ganze Elend über den Mann. Flehend beschwor er die Soldaten, sie möchten bleiben und ihm das Land verteidigen helfen. Darüber entstand im Biwak ein förmlicher Aufruhr, zahlreiche Gemeine zeigten Lust, dem Rufe zu folgen. Die Offiziere mussten die Wachen verdoppeln und mahnend und drohend auf die Soldaten einwirken, um einen Massenüberlauf zu hindern. Gleichwohl konnten sie sehen, wie ein halbes Hundert mit dem Sandwirt gegen Sterzing zog. 1) Dabei mag dem Sandwirt wohl recht eigen zumute gewesen sein. Von den vertrauten Freunden, mit denen er sonst in Stunden wichtiger Entscheidung zu beraten pflegte, war nicht einer um ihn. 2) Die ihn begleitenden Soldaten häuteten sich alsbald in disziplinlose Freischärler um, welche sich mehr als gebührlich am Weine erlabten. 3) In seiner Vereinsamung suchte der Sandwirt das Haus eines ihm bekannten Bauern auf, des Franz Wild, gesessen auf dem Maierhofe in der Vill außerhalb Sterzing in der Nähe der Pfarrkirche. In der Stadt herrschte große Unruhe. Die zahlreicher, anwesenden Bauern polterten über Waffenstillstand und Militär. Die Bürger fühlten sich nicht sicher. Der durchreisende Rapp, der nicht gleich Pferde bekommen konnte, flüchtete zu den Kapuzinern. Bald hieß es, der Landsturm sei aufgeboten, bald wieder, er sei abgesagt. Um das Wirrsal noch zu vermehren, verbreitete es sich, dass sich eine französische Armee über den Brenner nähere. Man erinnerte sich an Schwaz.

Wie es in Sterzing herging und was man dort redete, wurde dem Sandwirt in die nahe Vill getreulich überbracht. 4) Der Kleinmut der

1) Hochrainer a. a. O.
2) Speckbacher hatte sich gleich bei seiner Umkehr von Hofer getrennt und war nach Brixen gegangen. Während Hofer über Mittewald nach Mauls ging, konferierte Thalguter mit Pfarrer Lantschner im nahen Unterau, ahnungslos, dass der Oberkommandant in der Nähe sei. Lantschners Bericht in A. O.
3) Knoflach, am 1. Aug. mit Rapp auf der Rückreise in Sterzing, schreibt: Hofer hatte nur einige besoffene Jäger bei sich.
4) Nach Simon Moriggl a. a. O. soll Rapp selbst zu Hofer in die Vill gegangen sein, um ihn friedlich zu stimmen.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 569

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.