572 - Bewegungen bei Brixen


in Innsbruck hatte man ihm versichert, dass Rusca und ein italienisches Korps gegen Brixen rücken, und so galt es ja nur mehr, eine Strecke von wenigen Stunden zurückzulegen, um sich mit befreundeten Heereskräften zu vereinigen. Am 4. morgens wurde aufgebrochen.

Unterdessen hatten Sandwirts Botschaften ihre Wirkung getan. Haspinger weilte zufällig in Brixen. Er hatte im Juni, da er von Hofer Abschied nahm, das Wort gegeben, sich im Notfalle wieder finden zu lassen. Nun kam Hofers Mahnung. Der Rotbart setzte sich mit dem Mahrer und dem Kreuzwirt Martin Schenk zu Rate, alle drei stimmten ein, dass es wieder heiße: Zu den Waffen! 1) Der Kapuziner flog in seinen Rekrutierungsbezirk. Auf der Kanzel zu Latzfons kündete er Hofers Aufruf. Mit der Schnelligkeit des Blitzes ging das Gebot von Ort zu Ort, in Barbian und Villanders sammelte die Sturmglocke die Männer. Kompagnien der Schützen bildeten sich und Landsturm in Menge lief zusammen. 2) In Klausen gab es Auflauf gegen den bayrisch gesinnten Landrichter Klebelsberg, den der angesehene Hauptmann Gasteiger schützen musste. 3) Auch in Brixen, wo eben Leiningen durchzog, zeigte die sich ansammelnde Menge drohende Gebärden. 4) War es ja vielen schon nicht recht, dass sie die Quartiere noch durch die anwesenden österreichischen Soldaten belegt fanden. 5) Leiningen ließ es auch an Mahnungen nicht fehlen, unter deren Eindruck selbst ein Hauptmann meinte: „Gehen wir nach Hause, wir werden unglücklich." 6) Da brachte die Post jenes Proklam Lefebres, wo die Stellung einer ganzen Reihe hochgeachteter Führer gefordert ward. Das ließ sogleich kleinmütige Regungen zurücktreten, und alles fügte sich der Devise: Alle für einen, und einer für alle. Wie dem Kapuziner, so fuhr es noch ein paar andern Geistlichen in die Glieder. Der Villandrer Kooperator Gruber teilte sich mit dem Mahrwirt in das Geschäft des Aufbietens; Lantschner, der Kurat in Weitental, der sich schon im April sehr tätig erwiesen, bekam Hofers Zettel, lief die benachbarten Berggemeinden, wie Pfunders und Terenten, ab und zündete die längst bereitgehaltenen Kreidefeuer an. So zerstreut auch seine Pfarre lag, er konnte sich rühmen, mittels dieser Signale zu erwirken, dass „binnen fünf Minuten jeder Streitbare auf allen Berghütten sein Arbeitszeug

1) Über die Bedeutung dieser Zusammenkunft hat man sich in den kleinen Schriften über die Sachsenklemme mitunter stark erhitzt. Der Streit behandelt Unwesentliches. Die Zusammenkunft ist erwiesen, sie war, wie andere gleichartige Konventikel, ein Baustein zur Betätigung der Volkswehr in der Eisackschlucht
2) Die Bewegung reichte bis vor Bozen. Dort war nach Giovanellis Aufzeichnungen in diesen Tagen noch alles ruhig.
3) Gasteiger a. a. O. p. 20.
4) Georg Niedermayrs Notizen (J. M.), angeführt bei Mich. Mayr a. a. O. p. 18.
5) Haspinger misst die Schwierigkeit mit den Quartieren dem Landrichter Wieser zu.
6) Grubers Aufzeichnungen a. a. O.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 572

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.