579 - Lefebre über den Brenner


ihnen entfesselt. Im Augenblick des siegreichen Eindringens konnte sie nicht gleich gebannt werden. Gewaltakte und Beraubung der Gefangenen sind vorgekommen. 1) Schnell jedoch machte das Toben besseren Regungen Platz. Man kümmerte sich um die Pflege der Blessierten, die nach Neustift gebracht wurden, und für die Gesunden gestaltete sich der unfreiwillige Aufenthalt im Lande zu einem erträglichen.

Also war die Eisackschlucht zur Sachsenklemme geworden. Das Dreigestirn Speckbacher, Joachim und der Mahrer trafen sich nach getaner Arbeit noch in der Nacht zu Oberau. Schnell waren die Rollen unter ihnen verteilt. Speckbacher enteilte zu Hofer, die beiden andern rückten noch vor Tagesgrauen nach Mauls.

Schon am ersten Gefechtstage verständigte Rouyer den Marschall in Innsbruck von den Hindernissen, auf welche er gestoßen. Lefebre säumte nicht und brach selbst am 5. mit der Division Kronprinz auf (7000 Mann und 10 Geschütze). 2) Ein Teil der Division Deroy sollte gleichzeitig auf dem Umwege über Oberinntal und Vintschgau bis in das Herz des Landes vordringen. Bei seinem Aufbruch erließ er noch ein scharfes Edikt: Man habe erfahren, dass der sogenannte Sandwirt sich erfreche, Boten, welche falsche Gerüchte ausstreuen und zu neuer Erhebung aufstacheln wollen, durch das Land schleichen zu lassen, keiner dürfe bei Todesstrafe ohne obrigkeitliche Erlaubnis seinen Ortsbezirk verlassen. Für Innsbruck bedeutete dies völlige Einstellung des täglichen Marktverkehres und hatte noch größeren Nahrungsmangel zur Folge. In Steinach hielt Lefebre Nachtstation, dann ging es über den Brenner. 3) Bis zur Passhöhe begegnete er keinem Anzeichen von Feindseligkeit. Gleich unter Gossensaß, in den Engen des Eisackbettes, wurde es anders. Speckbacher, wie immer der erste voran, war den Kämpfern von Mittewald schon über Sterzing vorausgeeilt und hieß seine hinter Büschen und Riffen versteckten Leute in die heranmarschierenden Kolonnen hineinfeuern. Das Dörfchen Ried ober Sterzing büsste dafür mit Einäscherung. Lefebres

1) Gruber: „Wir nahmen den Sachsen die Gewehre ab, die Tornister ließen wir ihnen. Einige Klausener Lumpen schnitten ihnen mit Messern die Tornister weg und schnitten ihnen dabei in die Haut Diese Lumpen hatten keine Gewehre und gingen nur auf Beute aus. Diese Klausener stellten einen Laden mit Sachen auf wie die Grödener. Sie zogen aber bald ab, als sie merkten, dass man es ihnen nehmen wolle." — Über das dem Major Bose abgenommene Ordrebuch s. Steger a. a. O. Derjenige, welcher diesem Offizier das Ordrebuch abforderte, war vielleicht Paul Wassermann, welcher schreibt: „Ich nahm selbst einen sächsischen Major, der sich tapfer wehrte, gefangen und ließ ihm nichts tun. Er hielt mir eine goldene Uhr vor, wenn ich ihm das Leben schenkte. Ich nahm sie nicht an, sondern forderte nur die Schriften, die er von seinem General hatte."
2) Der sonst verlässliche Knoflach gibt irrtümlich den 4. August als Zeit für Lefebres Ausmarsch an.
3) Nordwärts vom Brenner regnete es am 5. in Strömen.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 579

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.