582 - Hofers Wiedererscheinen


Auch von Lefebres Befehl, sich zu stellen, hatte er vernommen. Unter Verdruss und Zweifel drohte er zusammenzubrechen. Da war es, wo er ein einsames Versteck aufsuchte auf einer Alm „beim Schindleregg im Wald unter einem hohlen Stein". 1) Hier wollte er abwarten und sehen, welchen Erfolg seine erlassenen Laufzettel hätten. Auch der Einsiedler setzte sein Aufrufen fort. Aus seiner Höhle „dermalen wo ich bin" oder „dermal unwissend wo" 2) erinnert er seine „herzallerliebsten Tiroler, absonderlich aufrichtigen Passeirer" an die ergangenen Befehle und verheißt ihnen, das Kommando wieder zu übernehmen, sobald er Gewissheit hat, dass „sich die wahren Patrioten von Tirol hervortun". Und darauf brauchte der Verborgene nicht lange zu harren. Durch Speckbacher erfuhr er, wie es in der Klause ober Brixen ging. Die Meldungen" von dort lauteten so erfreulich, dass Hofer schon am 5. seinem Freunde Tschöll sagen lassen konnte „am Kuntersweg braucht es für diesmal nichts mehr". 3) Die Berghöhle wurde nun vertauscht mit der Wirtsstube, dem gewöhnlichen Versammlungsort der bäuerlichen Generalstäbler. Beim Stroblwirt in Passeier vereinbarte Hofer mit den Freunden das Nötige. Viel werden die Männer dort nicht verzecht haben, denn von Mittewald, vom „Kleusl", kam schon wieder frohe Kunde: Der Feind geschlagen, Hunderte gefangen, viele verwundet. 4) Da war keine Zeit zu versäumen. Alles musste über den Jaufen. Wer nicht wusste, was da los sei, der Sandwirt sagte es ihm: „Wir besorgen die Retirade des Feindes, welche wir nicht hindern können, wenn nicht viel Volk beisammen ist." 6) Hofer selbst war wie elektrisiert. Viel Volk und schnell, das ist der Inhalt seiner Befehle. „Nur geschwind und nichts verabsäumt, es gehet leicht" so beflügelt er die von Schlanders und Laas, welche schon in Algund stehen, dass

1) Johann Hofer a. a. O. Man kennt heute noch eine Ortsbezeichnung „Schinler-Egg" im Alpental Pfistrad, südöstlich von St. Leonhard. (Gütige Mitteilung von Prof. Dr. Thomas Wieser in Meran.) Nach Beda Weber, Das Tal Passeier (2. Aufl.), p. 108 hätte sich Hofer auf der Oberamsalm am Schneeberg versteckt. Das wird lokale Tradition sein. Ich halte die so bestimmte Angabe Joh. Hofers für glaubwürdig. Dieselbe hat Streiter in seinem Artikel über Andr. Hofer in „Blätter aus Tirol" p. 68 wiedergegeben. Streiter war im Besitz des Joh. Hoferschen Manuskripts. Nach seinem Tode wurde es mit anderen Tirolensien an die H. M. verkauft.
2) Es ist nicht zu begreifen, warum Rapp p. 509, der die erstere Unterschrift als echt annahm, die letztere als „böswillige" Erdichtung bezeichnete. Hofers Schreiben vom 4. August.
3) Tschöll, Hofers Botschaft nach Lana. Tisens und Ulten weitergebend, weiß noch mehr: „Der Feind ist zwischen Sterzing und Brixen schon eingeschlossen, der Kuntersweg von den dortigen besetzt, Pustertal wird mit Hilfe des Militärs kräftig verteidigt." Hofers Ordre, Passeier 5. Aug., Tschölls Schreiben, Tirol 5. Aug. 2 Uhr nachm. J. M.
4) Hofer an Tschöll, 6. August.
5) Ebend.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 582

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.