586 - Notlage in Sterzing


uns ist." Wir werden uns, so kündet er einem Oberländer Freunde an, in Innsbruck treffen, „wenn ihr nichts versäumt". Sollte es noch Leute geben, welche hinderlich sein wollen, so soll man sie nicht verschonen, „denn es liegt der Christenheit daran, und wer an das Christentum nicht denkt, der ist, hätt ich bald gesagt, bösser awöck" (hinweg). 1)

Zu entscheidenden Affären, wie Hofer erwartet hatte, kam es am 8. August nicht. An Stelle des Korps Arco, das zum Brenner zurückbefohlen wurde, übernahm wieder Stengel die Erneuerung des Angriffes auf Speckbacher. Vom Vogeltennen ober der Sterzinger Pfarrkirche spielten die Kanonen gegen die Telfeser Höhen und hinderten ein Vordringen der Bauern an dieser Seite. Dagegen konnten sie nicht zum Aufgeben ihrer Stellung in Gasteig gezwungen werden. 2) Bei Mauls wickelte sich ein resultatloses Geplänkel ab, während dessen einzelne bäuerliche Abteilungen den Feind zu umgehen und von Gossensass abzuschneiden versuchten. Solche Wagnisse scheiterten, wenn auch mit großer Verwegenheit unternommen, an der Vorsicht der Truppen und an rechtzeitiger Zurückweisung.

Lefebres unfreiwilliger Aufenthalt in Sterzing machte ihn noch mit einer andern Unannehmlichkeit bekannt. Das Städtchen hatte bald nichts mehr zu bieten, um das Lager mit Nahrung zu versehen. 3) Es war ja die Zeit, da der Bauer den größten Teil seines Viehstandes auf der Alm sommert. Daher wurden Detachements ausgeschickt, um die benötigte Fourage von den Bergen zu holen. Und das führte zu Einzelkämpfen selbst in weit entlegenen Almregionen. Leute des Mahrwirtes nahmen dem Feinde unter dem Joche ober Stilfes einen solchen Viehtrieb ab. 4) Auch die Almen unter der Schönspitze und bei Valleming besuchten die Bayern. In beiden Fällen mussten sie ihre Beute kämpfend und unter Verlust mehrerer der ihrigen — auch Offiziere fielen dabei — festhalten und bis ins Biwak zu bringen suchen.

1) Hofer an Anwalt Stippler (Jos. Kuen) in Lengenfeld. J. M.
2) Die Lage der Bauern an diesem Tage zeichnet ein Brief des Hauptmanns Johann Kaserer an Hofer, Telfes 8. Aug.: „Durch Ordinanz eiligst. Da der Feind mit seiner ganzen Macht so auch mit großen Geschütz auf unsere wenige Mannschaft vordringte, und wir zu schwach sind dem Feind Widerstand zu leisten, so sei ein Oberkommandant dringendst gebeten, eiligst eine starke Hilfe zu überschicken, denn ansonst sind wir gezwungen unsern Rückmarsch zu nehmen." Cop. in A. A. Hofer reagiert darauf mit einem Befehl an Tschöll in Gasteig, dass Hauptmann Freiseisen „gleich nach Telfes" gehe. „Zum Fall der Feind ziehet sich gegen Mareit, so soll der obgemelte Hauptmann ein wachbares Aug haben, sonst wäre in Mareit zu wenig Besatzung." Cop. ebend.
3) 13. Aug. schreibt der Landrichter von Sterzing: „Der Feind hat hier und im Gericht Steinach durch zehn Tage so gehaust, dass gar keine Lebensmittel mehr vorhanden sind, auch keine Pferde zur Vorspann. Eilende Hilfe tut not." J. St.
4) Gruber a. a. O.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 586

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.