595 – Pontlatz


den Todesweg zurückzulegen. 1) Noch schlimmer erging es Burscheid selbst mit der zweiten Hälfte seines Korps. Diesem hatte der Steinhagelschlag an der Brücke nicht bloß schwere Verluste bereitet, sondern auch die Straße so verbarrikadiert, dass an ein Weiterkommen nicht zu denken war. Es blieb also nur übrig, für den Rest der verhängnisvollen Nacht in der Tullenau zu lagern. Als es tagte, eröffneten die Tiroler, bei denen aus Kauns und Vintschgau, 2) willkommener Zuzug, eingetroffen war, die Beschießung. Die Kaunser ließen sogar drei mitgebrachte Doppelhaken von der andern Seite des Flusses aus, bedient von Klemens Schranz, herüberspielen. Der Oberst sah sich völlig eingeschlossen und versuchte, durch Unterhandlung diesem Caudium zu entrinnen. Mit einem weißen Tuch gab er den Bauern das Zeichen und forderte, als sie näher kamen, mit dem Kommandanten zu sprechen. Wir haben keinen, riefen die Leute. 3) Zugleich begehrten sie, dass die Reiter absitzen. Dem wurde Folge geleistet. Nun suchte Burscheid auf die ihn umgebenden Bauern einzureden, dass sie ihm freien Abzug gewährten. Aber da war jedes Wort vergeblich. Unbedingte Übergabe bei guter Behandlung, so erscholl es im Kreise. Noch zögerte der Oberst. Unterdessen sammelte sich immer mehr Volk, das sich in der Meinung, das friedliche Gespräch bedeute den Abschluss der Kapitulation, ungestüm an die Soldaten herandrängte und sie zur Entwaffnung nötigte. 4) Burscheid und Vasserot wurden so mit 800 Mann und 100 Pferden die Gefangenen der Bauern. Sie wurden nach Meran geliefert; über die Behandlung hatten sie nicht zu klagen. 5)

Durch den Kampf in der Lienzer Klause, in der Sachsenklemme und bei Pontlatz wurden drei Zweigunternehmungen des Feindes vereitelt, die alle nach dem Herzen des Landes gerichtet waren. Überall hatte das Volk dieselbe Methode der Abwehr geübt und überall mit demselben Erfolg.

Büllingen legte mit seiner Mannschaft in fluchtähnlicher Eile den Weg bis Landeck zurück. Vor dem Dorf, das vom Bataillon Preysing voll besetzt war, warteten sie den Tag ab. Als ihnen am Morgen des 9. die so notwendige Labung gereicht wurde, kam schon wieder böse Meldung. Das Pikett, das von Landeck aus auf der Vorarlbergerstrasse

Pontlatzer Brücke © Martina Matuella
Pontlatzer Brücke
Blick vom Burgschrofen (1614m) auf die Pontlatzbrücke,
nördlich von Prutz, Bezirk Landeck (Tirol)
Brücke seit der Römerzeit (Via Claudia) als "Pons Ladis"; urkundlich Brücke seit 1329 belegt
Eisenbogenbrücke aus dem Jahre 1899
© Martina Matuella, Oktober 2007

Pontlatzer Brücke © Martina Matuella
Pontlatzer Brücke
Brücke seit der Römerzeit (Via Claudia) als "Pons Ladis"; urkundlich Brücke seit 1329 belegt
Eisenbogenbrücke aus dem Jahre 1899
© Martina Matuella, Oktober 2007

1) Sundahl, welcher bei dieser Abteilung war, sagt, das Peinlichste sei gewesen, keinen Augenblick zu wissen, dass man so wie die anderen abgeschnitten würde.
2) Fünf Kompagnien aus Vintschgau unter dem Waldmeister Friedr. Baron Pemmelburg, der früher österreichischer Offizier gewesen. Hofer stellt ihm über Pontlatz 23. Aug. Zeugnis aus. J. St.
3) So auch im Bericht eines Oberinntalers (Schützenzeitung 1850, No. 3 ff.): „jeder hat sich selbst kommandiert".
4) Es war um die Mittagsstunde des 9. August.
5) Es ist bezeichnend für Völderndorffs Berichterstattung, dass er diese Kapitulation verschweigt, ja sogar Burscheid nach Innsbruck zurückkehren lässt. (Schon von Rapp mit Recht gerügt.)



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 595

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.