605 - Am Schönberg


Meraner Kompagnien zusammen und erreichte bei Steinach die Arrieregarde. Dieselbe litt unter unaufhörlichem Feuer, auch sie musste sich stürmend den Weg durch Matrei bahnen. Die mannigfachen Störungen in der langen Marschlinie erzeugten Lücken, welche sich die Bauern zu neuen Anfällen nicht entgehen ließen. Als Speckbacher in Matrei vernahm, dass die Sachsen die Salzstraße gewählt, schickte er ihnen die Hälfte seiner Leute nach.

Von Schönberg an begannen für Lefebre erst recht die Stunden der Not. Seine Verfolger erhielten neuen Zuzug von den Haufen Buchers, der bekanntlich deshalb den Kampf gegen Deroy beizeiten abgebrochen hatte. Die waldumsäumte Straße von Schönberg abwärts wurde stetig bestrichen; aus der Talenge, wo die Brücke über den Ruetzbach führte, ergoss sich ein Kugelregen. Fast bis zum Straßenrande wagten sich die Bauern. Die Reiter mussten ihre Pferde verlassen und im Verein mit Fußsoldaten gegen einzelne Höhen stürmen, um für Augenblicke das Feuer zum Schweigen zu bringen. So brachte man den Train unter unsäglichen Schwierigkeiten langsam vorwärts. Wiederholt waren Geschütze und Munitionswagen in Gefahr, von den Tirolern erbeutet zu werden. Ein großer Viehtransport musste preisgegeben werden. Tote Pferde lagen an der Straße, ein paar hundert Verwundete mussten von ihren Kameraden mitgeschleppt werden. Der Marschall selbst, für manchen Schützen der Zielpunkt, hüllte sich in den Mantel eines gemeinen Dragoners und marschierte zwischen Pferden, unter Verwünschungen gegen die verfluchten Briganten.

In recht übler Lage waren die mitgeführten Geiseln. Zu Aukenthaler und dem Kapuziner waren noch einige Bauern gesellt worden, wie sie zufällig in den Feldern von Sterzing den Bayern in die Hände geraten waren. Mehrere von ihnen, auf offenen Karren fahrend, wurden durch die Kugeln der eigenen Landsleute getötet. 1) Einmal, es war in Steinach, weilte Aukenthaler an der Seite Lefebres. Unwillig hielt er ihm vor, dass er ihm sein Wort gebrochen, er möge ihn wenigstens jetzt entlassen. Trotzig entgegnete der General, er müsse mit nach Innsbruck. Als sich von Schönberg herab das Korps in einer wilden Retirade aufzulösen begann, so meinten Aukenthaler und sein Begleiter, der Pater, nun wäre für sie der Augenblick, um frei zu werden, gekommen. Sie sprangen vom Wagen und liefen mit. Aber ein Dragoner hieb auf sie ein und zwang sie zum Bleiben. Beim Schupfenwirtshause war der Kugelregen so arg,

1) Andere erlagen den Misshandlungen während des Marsches. Nur ein paar kamen bis Innsbruck, wo sie Lefebre in den Kräuterturm sperren ließ. Danei verschaffte ihnen dort Nahrung, der 15. August brachte ihnen die Freiheit.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 605

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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