607 - Ankunft in Innsbruck


auswärts, um seine Kompagnie aufzusuchen. Er traf sie auf der Höhe von Mutters im Vorpostendienst. Mit Jubel empfingen sie ihren Hauptmann. 1)

Diese Begegnung Aukenthalers und Spaurs mag schon eine Vorstellung wecken von der Deroute, die in Lefebres Korps eingerissen. Sie war tatsächlich grenzenlos. Im letzten Wegabschnitt, beim Sonnenburgerbüchel, erreichte sie den Höhepunkt. Bucher hatte hier an mehreren Stellen die Straße abgraben und verhauen lassen. Das bewirkte in einemfort Stockungen, und während dieser fielen die Geschosse am erfolgreichsten in die wild durcheinander wogende Menge. Alle Ordnung war dahin, alle Truppenteile waren zerrissen und zersprengt: Reiter ohne Pferde, Pferde ohne Reiter, Kanonen ohne Bedienungsmannschaft, Kanoniere ohne Geschütze. In solcher Verfassung betrat der Marschall das Weichbild der Stadt. Auf dem Felde vor Wilten wurde Halt gemacht, um sich einigermaßen zu rangieren. Hier plänkelten zwar keine Bauern mehr, aber droben hinter dem Plateau wollte des Schießens kein Ende sein. Es galt den vielen Nachzüglern. Nun hatte Lefebre gehört, dass die Tiroler beim Aveläuten ihre Gewehre ablegen. Drouet hatte zwar für diesen Tag neben einer Menge polizeilicher Vorschriften auch das Ziehen der Glocken für Innsbruck streng untersagt. Der Marschall befahl, dass sogleich zu Abend geläutet werde. Und nun verstummte auch das verwünschte Geknatter. 2) Der Marschall, staubbedeckt und verstörten Antlitzes, ritt als erster, gefolgt von seinem Stabe, in die Stadt ein. 3) Dann kam eine Kolonne, die notdürftig geordnet war, sie marschierte nach dem Takt eines gespielten Militärmarsches. Aber was dahinter folgte, waren nichts als beredte Zeugen des Unheils, das über die Expedition hereingebrochen: lange Züge von Blessierten und Marschunfähigen, ganze Trupps von Hinkenden und Entkräfteten. 4) Erst, als es schon dunkel geworden, langten die letzten im Lager am Saggen an. Die Tiroler freuten sich „der lustigen Jagd".

Dass ein Erlebnis wie dieser 11. August, dem bereits die Tage von Oberau und Pontlatz vorausgegangen waren, auf das gesamte bayrische Invasionskorps demoralisierend wirken musste, begreift jeder. Zum

1) Aukenthaler a. a. O. Das Wesentlichste davon erzählt auch Danei, welcher Aukenthaler seine Kompagnie erst in Innsbruck finden lässt.
2) Danei a. a. O. Maretich II, 141, bezieht diese Stelle Daneis irrtümlich auf den 12. August.
3) Es war 3 Uhr nachmittags. In derselben Stunde brannte der Reisachhof hinter dem Iselberg ab.
4) Auch da beschreibt Knoflach Stunde für Stunde. In dem Augenblick, da Lefebre durch die Neustadt sprengte, las er gerade Hörmanns erschienene Materialien zur Geschichte des österr. Revolutionierungssystems und „ärgerte sich zu Tode darüber".



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 607

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.