626 - Aushebung von Geiseln


kam es nicht mehr, nur Speckbacher hatte noch „ein kleines Gefecht". Es regnete übrigens in Strömen. Mitten unter seinen Zurüstungen zu einem Zuge, der ihm voraussichtlich nicht Lobeserhebungen seines Kaisers eintragen mochte, scheint sich der Marschall plötzlich noch einmal jener unmenschlichen Weisungen über Niederbrennung und Geiselaushebung erinnert zu haben. Gegen Mittag brannten, von den Soldaten auf Befehl angezündet, die Häuser auf dem südlichen Schlachtfelde im Gebiet des Iselberges; Linsing-, Sarnthein- und Reselerhof, die Schrofen- und Heuflerhütte, die Häuser an der Sill (Bierstindl). Jammernd retteten die Bewohner einen kleinen Teil ihrer Habseligkeiten. 1) Auch Geiseln sollten die Abziehenden begleiten. Nach Zufall und Laune wurde die Auswahl getroffen. Von eigentlichen Chefs war nur einer zur Hand, der Kronenwirt Straub. Er hatte sich durch die scheußliche Drohung, man wolle täglich, wenn er sich nicht stelle, einen Haller Bürger auf den Trümmern seines Hauses dem Galgen überliefern, bewegen lassen, aus seinem Versteck am Volderberge hervorzukommen. Seit dem 11. saß er in Haft im Gasthof Niederkircher zu Innsbruck. Lefebre beschloss, ihn mitzunehmen. Zu gleichem Zweck ließ er den Grafen Sarnthein verhaften, ebenso Schneeburg und die Freifrau v. Sternbach." 2) Auch Herrn v. Stadler wollte eine Patrouille aus seiner Wohnung holen, er war zu seinem Glück zufällig abwesend. Als es Nacht geworden, fuhr ein Wagen vor, um die Geiseln aufzunehmen. Auf der Strasse beim Niederkircher drängte sich viel Volk, gaffende Zuseher und die zum Abzug sich anschickenden Soldaten. Sarntheins Kinder umringten ihren Vater und nahmen unter lautem Wehklagen Abschied. Das wirre Gewoge benützte Straub, entsprang zur nahen Innbrücke und stürzte sich in den Fluss. So rettete er sich glücklich in das Haus eines Freundes. 3) Die andern traten unter Militärbewachung die Reise an. Als Ersatz für den Kronenwirt wurde ihnen in Hall der Salinenschreiber Kleiber, der einmal als Hauptmann ausgerückt war, beigesellt. Im Verlauf seines Marsches ließ Lefebre in Unterinntal auch Geistliche aufgreifen, merkwürdigerweise gerade solche, die stets im Geiste der Ruhe gewirkt hatten, den Servitenprior in

1) Dar. die ergreifende Schilderung bei Patsch a. a. O. Mit Recht hat Maretich II, 339, das Datum des 14. August gegen Pusch festgestellt. Auch Knoflach verlegt den Brand auf 1 Uhr mittags des 14. Auch der Walterhof ober Ambras wurde angezündet, vielleicht fand hier das örtlich nicht näher bezeichnete Gefecht mit Speckbacher statt.
2) Die Baronin war den Bayern bekannt als eifrige Beförderin des Aufstandes. Anfangs August erhielt sie in ihrem Schloss zu Mühlau Einquartierung von 130 Mann. Sie war eine derbe, unerschrockene Frau, welche auch gegenüber den fremden Offizieren aus ihrer österreichischen Gesinnung kein Hehl machte. Pfeiferauchend soll sie die erzwungene Fahrt angetreten haben. Tagebuch der Bar. Sternbach 1809 (gedr. 1849), Aufzeichnungen von Nannette Mörz in Innsbruck (A. G.)
3) Straganz, Jos. Ign. Straub p. 48 ff.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 626

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.